Monster Geek - Die Gefahr in den Wäldern

von: May Raven

Drachenmond Verlag, 2016

ISBN: 9783959912617 , 280 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 5,99 EUR

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Monster Geek - Die Gefahr in den Wäldern


 

Hinter jeder Tür verbirgt sich eine Überraschung Dieser verdammte Vampir versuchte doch tatsächlich, mir zu entwischen! Seine schnellen Schritte donnerten über den Asphalt und gaben mir somit genügend Anhaltspunkte, in welche der zwei engen Gassen er abgebogen war. Wie lange wollte er denn noch davonlaufen und vor allem wohin? Die Gegend war mir bekannt und ich wusste, dass sich nach der nächsten Ecke am Ende der Straße eine Sackgasse befand. Ihm war es daher unmöglich, zu entkommen - außer er konnte fliegen, und wie wir alle wissen, ist das idiotischer Humbug. Wie so einiges. Als ich das Tempo erhöhte, spritzten Blutreste in alle Richtungen von meinem Katana, das ich fest in der Hand hielt. Damit hatte ich vor wenigen Minuten ein hübsches Zeichen in einen Vampirbauch geschlitzt, was den Vampir der Länge nach zerteilt hatte, und es einem zweiten durch sein gieriges, ausgedörrtes Herz gestoßen. Zum Glück war ich schnell, schneller als viele andere Jäger, was mir schon oft meinen süßen Arsch gerettet hatte. Das lag nicht an meiner Magie, war jedoch kein Wunder, so oft, wie ich hinter etwas nachjagen oder davonlaufen musste - wobei mir die erste Variante deutlich besser gefiel. So wie jetzt gerade. Ein diebisches Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Der Vampir gehörte mir, genauso wie sein erbärmlicher Kopf und das Preisgeld. Warum musste er sich so zieren? Ich war eine Gildenjägerin und es war verdammt noch mal mein Job, Monstern wie ihm den Garaus zu machen und dafür den Sold zu kassieren. Normalerweise hätte mir die wilde Hetzjagd nichts ausgemacht. Ich hätte sie sogar genossen. Doch an diesem Abend war ich gereizt, da, anders als im Pin beschrieben, nicht nur ein Vampir zu erledigen war. Als ich heute Abend das Vampirnest angegriffen hatte, war ich auf drei verdammte Blutsauger gestoßen. So ein Rechenfehler konnte ganz schnell nach hinten losgehen. Jedoch war ich nicht umsonst Jessamine Diaz und meines Erachtens eine der besten Gildenjägerinnen in ganz Nordamerika. Okay, zugegeben - eigentlich eine der besten in Kanada ... und auch das noch nicht ganz, aber ich würde es verflucht noch mal werden und mich dann mit einem ganzen Batzen Geld zur Ruhe setzen. Am besten irgendwo in den abgeschiedenen Wäldern Kanadas, zusammen mit meinen Frettchen Billy Joel und Gertrude und natürlich meinen Strickutensilien. Daher beschleunigte ich ein weiteres Mal das Tempo und spürte dabei ein dumpfes Stechen an meiner rechten Seite, als ich die Luft tief in die Lunge saugte. Vermutlich würde das eine deftige Prellung werden, wenn ich daran zurückdachte, wie mir einer der Vampire vorhin einen Fußtritt gegen die Nieren verpasst hatte, während sein Kumpan mit seinen Fingernägeln ein paar Kratzer auf meiner Wange hinterlassen hatte. Das war schon alles gewesen, bevor ich sie mit meinen Schlitzereien endgültig kaltgemacht hatte. Eine ziemliche Sauerei, aber zielführend. Ich hatte das Ende der Gasse fast erreicht, als ich ein verdächtiges Geräusch hörte. Das konnte nur von dem Vampir stammen, der vermutlich um eine Ecke huschte und abrupt stehen blieb. Dieses leise Schleifen einer Schuhsohle über den nassen Asphalt war, dank meines außerordentlichen guten Gehörs, für mich unverkennbar. Wie ein funkelnder Blitz verfing sich das Licht von der Lampe einer Hauswand in der glänzenden, violett aufleuchtenden Klinge meiner Waffe. Im hohen Bogen schwang ich sie in dem Moment nach rechts, als ich meine magische Energie in die Waffe leitete und schlitternd die Ecke erreichte. Kurz sah ich in die erschrockenen Augen des Vampirs, in der nächsten Sekunde purzelte der Kopf von seinen Schultern und rollte mit einem platschenden Geräusch über den Asphalt. Der nun wirklich tote Körper des Blutsaugers ging zischend in Flammen auf. Die Wartezeit, bis das Gebrutzel vorüber war - was im Normalfall nur wenige Minuten dauerte -, nutzte ich, um mit einem Tuch, das ich für solche Gelegenheiten in der Hosentasche verstaut hatte, seelenruhig das Blut von Olaf zu wischen. Richtig erkannt, ich hatte mein geliebtes Katana tatsächlich nach einem Zeichentrick-Schneemann benannt, der vor fast fünfundvierzig Jahren über die Bildschirme geflimmert war. Mir war wohl nicht mehr zu helfen. Erst als die Messerklinge im dämmrigen Licht wieder sauber blitzte, packte ich das Tuch weg. Olaf hatte fast keine Verzierungen, bis auf ein kleines Symbol direkt neben dem Griff - ein Unendlichkeitszeichen, mit dem alle meine Waffen gekennzeichnet waren. Letzte magische Energie befand sich noch in Olaf, der in meinen Gedanken zufrieden aufseufzte und das kleine Blutgemetzel lobte: »Gute Arbeit.« »Danke, deine schnittige Klinge ist aber auch nicht von schlechten Eltern, mein Bester«, entgegnete ich lächelnd. In meinem Kopf sah ich sein erfreutes Grinsen - Olaf liebte Komplimente genauso sehr wie ich -, bevor meine Magie aus der Waffe sickerte und die Verbindung abbrach. Ich hatte keine große Macht, konnte gerade einmal ein paar Bann- oder Schutzzauber wirken, aber eine meiner Besonderheiten war, dass ich meine Waffen mit Magie aufladen konnte, wodurch sie stärker, härter - tödlicher wurden. Dadurch konnte ich komischerweise in meinem Kopf mit ihnen kommunizieren, als ob meine magische Energie ihnen für einen Moment eine Persönlichkeit verpasste, die wieder verschwand, sobald der Zauber versiegte. Erst nachdem fast nichts mehr von dem Vampir übrig war, hob ich seine weißen Beißerchen auf. So praktisch es auch war, dass Vampire, Werwölfe, Geister und vieles mehr nach getaner Arbeit einfach zu Asche verbrannten oder sich in Luft auflösten, war es ein Segen, dass Vampire ihre Zähne zurückließen. Wie sonst sollten wir Gildenjäger einen Beweis vorlegen und den Sold einsacken? Vor allem Vampire waren eine ziemlich verbreitete Spezies und standen prozentual viel öfter als alle anderen Wesen auf meiner To-do-Liste der zu jagenden Monster. Jede dritte oder vierte Jagd oder Kurzmission galt den zähnefletschenden Biestern, was wohl daran lag, dass manche Menschen immer blöder wurden. Zwar himmelten weibliche Teenies diese falsch dargestellten, glitzernden Vampire nicht mehr derart an wie noch vor einigen Jahrzehnten. Dennoch war die Faszination für diese Wesen ungebrochen und die normalen Menschen zu leichtgläubig, wodurch sie ihnen erbarmungslos in die Falle tappten. Ich pustete Aschereste von dem Vampirgebiss, das ich zwischen meinen Fingern hielt, und packte es zu den anderen beiden Gebissen in meiner silbernen magischen Fundus-Büchse, die zusätzlich aus Holzfäden und Weihrauchpulver gegossen war. Egal, wie groß meine Beute war oder was ich hineinlegte, die Büchse bot immer genügend Platz, obwohl sie im geschlossenen Zustand gleich klein blieb - wie ein kleines Medikamentendöschen. Eine magische Spezialanfertigung meiner Cousins Jayden und Julian. Die Zwillinge sind eben doch die Besten. Lächelnd steckte ich die Dose wieder zurück, küsste die Fingerspitzen meines Mittel- und Zeigefingers und zeichnete mit ihnen ein Kreuz über meine Brust, an der Stelle des Herzens. Das war mein Ritual, um mich bei Gott, der Magie oder bei wem auch immer zu bedanken, eine weitere Jagd überlebt zu haben. Jeder Gildenjäger - so ehrlich konnte man sein - war etwas verschroben, schrullig und mit nicht nur einer Handvoll Eigenarten gesegnet. Dazu gehört auch, dass wir wider besseres Wissen abergläubisch an die Jagd herangingen, kleine Rituale inklusive. Entweder davor oder danach. Meines war dieses - kurz und knackig. Andere zogen zum Kampf die gleiche Unterhose oder dieselben Socken an. Man konnte nur hoffen, sie wurden dazwischen gewaschen. Oder wieder andere beteten währenddessen ständig, was ich komplett bescheuert fand, da es erstens von den übernatürlichen Wesen zu hören war und zweitens total vom Auftrag ablenkte. Wiederum kannte ich Jäger, die vor einer Jagd sieben Mal Salz über ihre linke Schulter warfen oder drei Mal rückwärts einen kleinen Kreis abliefen. Man konnte daher ruhig behaupten, dass wir wohl alle unsere speziellen Verrücktheiten hatten. Was mich nicht groß störte, immerhin gehörte ich ja auch zu diesem wilden Haufen. Grinsend strich ich meine nachtschwarzen, engen Lederklamotten mit den dunkelblauen Seitenteilen glatt, die aus dem neuen Inn?Leder bestanden und alle Fremdpartikel abwiesen. Wie immer stammte die innovative Idee von der marktführenden Firma Definity: International Inn?finity Design & Corporations. Egal, was mit dem Leder in Berührung kam, meine Kleidung blieb so sauber wie an dem Tag, an dem ich sie gekauft hatte. In meinem Fall versuchten hartnäckig immer wieder Blut oder irgendwelche anderen schleimigen Fetzen, die ich nicht näher benennen möchte, meine Sachen zu versauen. Das alles hatte jetzt keine Chance mehr und perlte einfach ab wie Wassertropfen auf einem Lotusblatt. Perfekt. Normalerweise würde ich direkt zu einer der Gildenbuden gehen, aber heute hatte ich vorher noch etwas anders zu erledigen, das sich nicht aufschieben ließ. Schnörkel Geräuschlos schlich ich um das heruntergekommene Haus, in dessen Hintergarten ich vor einer halben Stunde die ersten zwei Vampire erledigt hatte, während der dritte geflohen war. Die Farbe splitterte von der Fassade und war genauso schäbig wie der ungepflegte Rasen oder der verwitterte, schiefe Zaun. Das perfekte Bild einer leer stehenden, rattenverseuchten Bude, die kein normaler, geistig gesunder Mensch freiwillig betreten würde. Ich trat ein.