Systematische Bewerberinterviews - inkl. Arbeitshilfen online - Mit der VeSiEr-Methode Kompetenzen erkennen und bewerten

von: Christian Berndt, Bernd Wierzchowski

Haufe Verlag, 2018

ISBN: 9783648106082 , 300 Seiten

3. Auflage

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 43,99 EUR

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Systematische Bewerberinterviews - inkl. Arbeitshilfen online - Mit der VeSiEr-Methode Kompetenzen erkennen und bewerten


 

1   Schritt 1: Anforderungsprofil erstellen


Wozu brauchen Sie ein Anforderungsprofil und welchen Nutzen hat es?

Mit einem Anforderungsprofil legen Sie die Fähigkeiten, Kenntnisse, Einstellungen sowie die Motivation fest, die der Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeiten mitbringen sollte. Damit ist das Anforderungsprofil Ihr Maßstab, um geeignete von weniger geeigneten Bewerbern zu unterscheiden.

Dieser Prozess bietet Ihnen einen mehrfachen Nutzen:

  • Sie erhalten eine Grundlage für Stellen- und Funktionsbeschreibung.

  • Sie entwickeln mit den Personen, die an der Personalauswahl beteiligt sind, ein gemeinsames Verständnis für die Anforderungen an den Bewerber (wenn das Profil im Teamwork erarbeitet wurde).

  • Sie erleichtern die Gehaltsfindung oder -einstufung.

  • Sie schaffen eine Basis für die Entwicklung der Interviewleitfäden.

  • Sie sparen Zeit bei der Vorauswahl.

  • Sie stellen die Vergleichbarkeit zwischen Bewerberqualifikation und Stellenanforderungen sicher.

  • Sie bewerten verschiedene Bewerber über den Auswahlprozess hinweg nach den gleichen Maßstäben.

  • Sie können eine Absage anhand der sorgsam erarbeiteten Kriterien benachteiligungsfrei (im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes) begründen.

  • Sie können das Anforderungsprofil dazu verwenden, Entwicklungsgespräche mit (neuen) Mitarbeitern zu führen.

Die drei Bereiche eines Anforderungsprofils

Wir empfehlen Ihnen, das Anforderungsprofil in drei Kriterienbereiche zu gliedern: Hard Facts, Soft Skills und Motivation. Zu den Hard Facts gehören die Qualifikation bzw. Fachkenntnisse und berufliche Erfahrungen. Die Soft Skills sind die überfachlichen Kriterien. Die Motivation lässt sich differenzieren in stellenbezogene Motivation und motivationale Merkmale. Die einzelnen Anforderungskriterien erläutern wir Ihnen in den folgenden Abschnitten näher.

1.1   Inhalt 1: Hard Facts


1.1.1   Fachliche Kompetenzen


Hierzu gehören alle Anforderungen, die auf Wissen, Ausbildung, Technik und Methodik sowie spezifisches Know-how zurückgehen.

Das können zum Beispiel Kenntnisse in der Programmierung mit C++, im internationalen Recht, in Polymerchemie, im Umgang mit Portal-Managementsystemen, im Steuer- oder Handels- oder Versicherungsrecht sein.

1.1.2   Berufserfahrung


Für viele Aufgaben ist berufliche Erfahrung unabdingbar. Die für die Position gewünschte und notwendige berufliche Erfahrung nehmen Sie in das Anforderungsprofil auf.

Das kann zum Beispiel gelten für die Verkaufstätigkeit als Key-Accounter, praktische Erfahrung im Vertrieb von Anlagen, Erfahrung in der Qualitätssicherung in der Lebensmittelindustrie, Außendiensterfahrung, Arbeit als Trainer für einen Personalentwickler etc.

1.2   Inhalt 2: Überfachliche Kompetenzen - Definitionen und Verhaltensanker


Bei den Soft Skills, die auch häufig „überfachlichen Kompetenzen“ genannt werden, handelt es sich um persönliche Fähigkeiten, die unabhängig von spezifischen Aufgabenbereichen wertvoll sind. Im Auswahlprozess erscheint es oft schwierig, solche Kriterien zu bewerten. Wenn Sie die VeSiEr-Methode (siehe Kapitel 8) anwenden, werden Sie mit diesem Problem nicht mehr konfrontiert sein.

Fünf Kompetenzfelder

Die überfachlichen Kompetenzen lassen sich verschiedenen Kompetenzfeldern zuordnen. Die folgende Auflistung gibt dazu einen Überblick.

Kompetenzfeld Überfachliche Kompetenz
1. Umgang mit Menschen 1 Selbstsicheres Auftreten
2 Kommunikationsfähigkeit
3 Überzeugungsfähigkeit und Verkaufsgeschick
4 Kontaktfähigkeit und Einfühlungsvermögen
5 Teamfähigkeit
6 Networking
7 Konfliktfähigkeit
8 Durchsetzungsfähigkeit
9 Verhandlungsgeschick
10 Kundenorientierung
11 Interkulturelle Kompetenz
2. Umgang mit Inhalten 12 Analytisches Denken
13 Prozessmanagement
14 Präsentationsfähigkeit
15 Moderationsfähigkeit
16 Aufgaben- und Projektplanungskompetenz
17 Ressourcensteuerung und Ergebnisorientierung
18 Schriftlicher Ausdruck
19 Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit
20 Umgang mit Ambiguitäten
21 Entscheidungsfähigkeit
22 Kreative Lösungsentwicklung
23 Veränderungskompetenz und Flexibilität
3. Potenzialindikatoren 24 Initiative und Eigenständigkeit
25 Komplexitätsverarbeitungskompetenz
26 Selbstreflexion
27 Rollenbewusstsein
28 Selbstmanagement
29 Leistungsorientierung
30 Physische und psychische Belastbarkeit
31 Lernfähigkeit und -bereitschaft
4. Mitarbeiterführung 32 Delegationsfähigkeit und Kontrollkompetenz
33 Informationsverhalten
34 Fördern und Entwickeln von Mitarbeitern
35 Einschätzung von Fähigkeiten und Potenzialen
36 Teambuilding und Teamführung
37 Zielsetzungs- und Zielerreichungskompetenz
5. Unternehmerische Führung 38 Strategisches Geschick und unternehmerisches Denken
39 Innovationskompetenz
40 Werteorientierung
41 Visionsorientierung und Gestaltungskraft

Tab. 1: Übersicht: 41 überfachlichen Kompetenzen unterteilt nach fünf Kompetenzfeldern

Im Anschluss an diese Übersicht stellen wir Ihnen die einzelnen Soft Skills vor, definieren und erläutern sie. Von großer Bedeutung sind dabei die sogenannten Verhaltensanker.

Was sind Verhaltensanker?

Als Verhaltensanker wird das beobachtbare Verhalten eines Menschen bezeichnet, in dem sich bestimmte Kompetenzen oder Eigenschaften zeigen. Verhaltensanker sind möglichst sachlich formulierte Beschreibungen eines beobachtbaren Verhaltens und Grundlage für die Beobachtung und Beurteilung von Soft Skills. Sie zeigen Ihnen, inwieweit ein Bewerber ein bestimmtes Anforderungskriterium erfüllt.

1.2.1   Kompetenzfeld 1: Umgang mit Menschen


Kompetenz 1: Selbstsicheres Auftreten

Definition: Unter selbstsicherem Auftreten verstehen wir die Fähigkeit und Bereitschaft, gegenüber anderen, auch hierarchisch höher gestellten Personen souverän aufzutreten.

Verhaltensanker: Eine Person, die dieses Kriterium erfüllt,

  • zeigt Vertrauen in das eigene Können, auch wenn es um komplexe und anspruchsvolle Aufgaben geht,

  • strahlt selbst in heiklen Situationen Ruhe und Sicherheit aus,

  • behält auch dann den Überblick, wenn sie mit einer unstrukturierten Materie konfrontiert ist,

  • spricht mit klarer, fester Stimme,

  • hält den Blickkontakt,

  • kann mit konstruktiver Rückmeldung umgehen,

  • steht zu den eigenen Fehlern.

Kompetenz 2: Kommunikationsfähigkeit

Definition: Hierbei handelt es sich um die Fähigkeit und Bereitschaft, anderen zuzuhören, Interaktionen angemessen zu gestalten und sich dabei flüssig in gut strukturierten und prägnanten Sätzen auszudrücken.

Verhaltensanker: Eine Person, die eine hohe Kommunikationsfähigkeit besitzt,

  • hört ihrem Gesprächspartner aufmerksam zu,

  • versucht, die Äußerungen ihres Gegenübers aus dessen Blickwinkel zu sehen,

  • wiederholt die Argumente des Gesprächspartners, um sicherzustellen, dass sie sie verstanden hat,

  • vermeidet eine vorschnelle Bewertung des Gehörten,

  • stellt Sachverhalte übersichtlich und anschaulich dar,

  • ist redegewandt und...