Die Chemie des Glücks - Wie wir unsere Hormone beeinflussen und das Gehirn dauerhaft auf Glücklichsein einstellen

von: Loretta Grazia Breuning

mvg Verlag, 2018

ISBN: 9783961212712 , 272 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 13,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

Die Chemie des Glücks - Wie wir unsere Hormone beeinflussen und das Gehirn dauerhaft auf Glücklichsein einstellen


 

1

Ihr inneres Säugetier


Unser Gehirn: Aufs Überleben konzentriert


Ihr Gehirn haben Sie von Menschen geerbt, die überlebt haben. Das mag Ihnen offensichtlich erscheinen, aber wenn Sie die gewaltigen Herausforderungen für das Überleben in der Vergangenheit genauer unter die Lupe nehmen, erscheint es wie ein Wunder, dass sämtliche Ihrer unmittelbaren Vorfahren ihre Gene am Leben erhalten haben. Die Folge: Sie haben ein Gehirn geerbt, das auf das Überleben konzentriert ist. Sie glauben vielleicht nicht, dass Sie auf das Überleben konzentriert sind, aber Sie können es erkennen, wenn Sie beispielsweise Sorge haben, zu spät zu einer Konferenz zu kommen oder das Falsche zu essen: Dann ist ihr Überlebens-Gehirn am Werk. Wenn Sie sich darum sorgen, dass Ihre Frisur nicht richtig sitzt, wenn Sie zu einer Party eingeladen sind, dann erkennt Ihr Überlebens-Gehirn darin das Risiko sozialer Ausgrenzung, was für Ihre Vorfahren eine sehr reale Bedrohung dargestellt hatte. Denn seit Sie unmittelbaren Bedrohungen wie Hunger, Kälte und Raubtieren nicht mehr ausgesetzt sind, sucht Ihr Gehirn nach anderen möglichen Bedrohungen. – Es ist nicht leicht, ein Überlebender zu sein!

Natürlich ist Ihnen klar, dass eine schlecht sitzende Frisur keine Bedrohung für das Überleben darstellt. Es ist nur so, dass Gehirne, die »besser« auf ihre gesellschaftliche Umgebung abgestimmt waren, sich in der Evolution durchgesetzt haben. Durch natürliche Selektion wurde ein Gehirn »aufgebaut«, das den Menschen mit einem guten Gefühl belohnt, wenn er eine gute Gelegenheit für das Überleben seiner Gene erkennt, und das ihn alarmiert durch ein schlechtes Gefühl, wenn er eine Gelegenheit verpasst. Er muss auch nicht bewusst die Absicht haben, seine Gene zu verbreiten, damit eine geringfügige gesellschaftliche Zurückweisung sein natürliches Alarmsystem auslöst.

Diese Reaktionen wurzeln im Verlangen unseres Gehirns zu überleben, aber sie sind nicht vorprogrammiert. Wir sind nicht dazu geboren, spezielle Nahrungsmittel zu suchen oder bestimmte Raubtiere zu meiden, wie es bei Tieren oft der Fall ist. Wir sind dazu geboren, uns selbst anhand unserer Lebenserfahrung zu vernetzen. Wir fangen mit der Anlage dieser Vernetzung im Augenblick unserer Geburt an. Alles, was ein gutes Gefühl in uns hervorgerufen hat, legte zu unseren Glückshormonen Pfade an, die uns sagen: »Das ist gut für mich.« Alles, was sich schlecht angefühlt hat, legte Pfade an, die sagen: »Das ist schlecht für mich.« Bis zu unserem siebten Lebensjahr sind unsere Kern-Schaltkreise aufgebaut. Sieben Jahre mag jung erscheinen, da ein siebenjähriges Kind nur wenig Einsicht in seine langfristigen Überlebensbedürfnisse hat. Aber sieben Jahre sind für ein Wesen, das in der Natur praktisch hilflos ist, eine lange Zeit. Am Ende dieser Zeit verfügen wir über neurochemische Kern-Schaltkreise, die allerdings nicht immer mit unseren Überlebensbedürfnissen in Einklang stehen. Kurz gesagt: Unser Gehirn hat ein paar Marotten:

 

  1. 1. Es sorgt sich um das Überleben unserer Gene ebenso dringlich wie um unseren Körper.
  2. 2. Es vernetzt sich selbst anhand früher Erfahrungen, obwohl sich dadurch nur eine unvollkommene Anleitung für das Überleben als Erwachsener ergibt.

 

Deswegen erscheinen uns unsere neurochemischen Hochs und Tiefs manchmal so wenig sinnvoll.

Wie machen uns chemische Substanzen glücklich?


Das Gefühl, das wir »Glück« nennen, beruht auf vier bestimmten chemischen Substanzen des Gehirns: Dopamin, Endorphin, Oxytocin und Serotonin. Diese »Glückshormone« werden ausgeschüttet, wenn unser Gehirn etwas sieht, was gut für unser Überleben ist. Anschließend versiegt die Quelle wieder, und sie stehen bereit, erneut ausgeschüttet zu werden, wenn uns etwas Gutes widerfährt.

Jedes Glückshormon löst ein anderes gutes Gefühl aus:

 

  • Dopamin ruft die Freude hervor, Dinge zu entdecken, die unseren Bedürfnissen entsprechen – das Gefühl von: »Heureka! Ich hab’s!«
  • Endorphin erzeugt Vergessen, das Schmerz überdeckt – oftmals Euphorie genannt.
  • Oxytocin erregt das Gefühl, sich unter anderen Menschen geborgen zu fühlen – heutzutage »Bonding« genannt.
  • Serotonin verleiht das Gefühl, bei anderen Menschen angesehen zu sein – vergleichbar mit Stolz.

 

»Ich definiere Glück nicht mit diesen Worten«, sagen Sie vielleicht. Das liegt daran, dass neurochemische Substanzen – oder Neurotransmitter – ohne Worte funktionieren. Aber Sie erkennen leicht, wie stark diese Motivationen bei anderen sind. Und die Forschung an Tieren illustriert diese Impulse. Ihnen selbst kann Ihre verbale innere Stimme zunächst vielleicht wie Ihr gesamter Denkprozess vorkommen, jedoch nur so lange, bis Sie die Chemie Ihres inneren Säugetiers kennengelernt haben.

Vier Glückshormone

Dopamin: Die Freude zu entdecken, was Sie suchen

Endorphin: Das Vergessen, das Schmerz überdeckt

Oxytocin: Das Wohlgefühl durch gesellschaftliche Bindungen

Serotonin: Die Sicherheit durch gesellschaftliche Bedeutung

Wie funktionieren Glückshormone?


Glückshormone werden von winzigen Gehirnstrukturen kontrolliert, die allen Säugetieren gemeinsam sind: dem Hippocampus, der Amygdala, der Hypophyse, dem Hypothalamus und den anderen Teilen, die man allgemein unter dem limbischen System zusammenfasst. Das limbische System des Menschen ist von einem riesigen Kortex, der Hirnrinde, umgeben. Das limbische System und der Kortex arbeiten stets Hand in Hand, um die DNS am Leben zu erhalten. Beide haben spezielle Aufgaben:

 

  • Ihr Kortex sucht nach Mustern in der Gegenwart, die mit Mustern übereinstimmen, die Sie in der Vergangenheit miteinander verbunden haben.
  • Ihr limbisches System schüttet Neurotransmitter aus, die Ihrem Körper mitteilen, dass »dieses gut für Sie ist, also gehen Sie hin«, und »dieses nicht gut für Sie ist, also bleiben Sie weg«. Ihr Körper verhält sich nicht immer gemäß dieser Botschaften, weil Ihr Kortex sich darüber hinwegsetzen kann. Wenn der Kortex sich über eine Botschaft hinwegsetzt, erzeugt er eine Alternative, und Ihr limbisches System reagiert darauf. Also kann Ihr Kortex Ihr limbisches System kurzfristig blockieren, aber Ihr Säugetiergehirn ist der Kern dessen, was Sie sind. Ihr Kortex lenkt die Aufmerksamkeit und sichtet Informationen, aber Ihr limbisches Gehirn zündet die Handlung.

Jedes Hormon hat eine Aufgabe


Ihr inneres Säugetier belohnt Sie mit guten Gefühlen, wenn Sie etwas Gutes für Ihr Überleben tun. Es schüttet Glückshormone aus. Und jedes dieser Glückshormone motiviert einen anderen Typus des Überlebensverhaltens:

 

  • Dopamin motiviert Sie, das zu bekommen, was Sie benötigen, selbst wenn es einige Anstrengung erfordert.
  • Endorphin motiviert Sie, den Schmerz zu ignorieren, damit Sie die Flucht ergreifen können, wenn Sie verletzt sind.
  • Oxytocin motiviert Sie, anderen zu vertrauen, Sicherheit in der Gemeinschaft zu suchen.
  • Serotonin motiviert Sie, Anerkennung zu suchen, was Ihre Gelegenheiten zur Fortpflanzung begünstigt und Ihre Nachkommen schützt.

 

Ihr verbales Gehirn kann sich andere Motive ausdenken, aber Ihr inneres Säugetier entscheidet, was sich gut anfühlt.

Motive zum glücklichen Überleben

Dopamin: Belohnungen suchen

Endorphin: körperlichen Schmerz ignorieren

Oxytocin: soziale Bindungen aufbauen

Serotonin: von anderen Anerkennung erhalten

Das Säugetiergehirn motiviert einen Körper, auf Situationen zuzugehen, die das Ausschütten von Glückshormonen auslösen, und Situationen zu meiden, die Stresshormone – gewissermaßen »Unglückshormone« – auslösen.

Sie können sich selbst daran hindern, auf einen neurochemischen Impuls hin zu handeln, aber dann erzeugt Ihr Gehirn einen weiteren Impuls und sucht die nächstbeste Art und Weise, um Ihrem Überlebensbedürfnis zu entsprechen. Sie sind kein Sklave Ihrer tierischen Impulse, aber Sie handeln auch nicht ausschließlich »selbstständig«, selbst wenn Sie es glauben. Sie sind immer auf der Suche nach einer Möglichkeit, sich gut zu fühlen, aber Sie entscheiden, ob Sie danach handeln, und suchen dann die nächstbeste Möglichkeit, sich gut zu fühlen.

Gute Gefühle helfen Tieren, ihre Bedürfnisse zu befriedigen


Tiere akzeptieren ihre neurochemischen Impulse, ohne eine verbale Rationalisierung zu erwarten. Deswegen können Tiere uns dabei helfen, unsere eigenen Neurotransmitter zu verstehen. Unser Ziel hier soll allerdings nicht sein, Tiere oder primitive Impulse zu glorifizieren, sondern zu wissen, was unsere Glückshormone auslöst.

So ist zum Beispiel eine hungrige Löwin glücklich, wenn sie ein Beutetier sieht, das in Reichweite ist. Das ist kein philosophisches Glücksgefühl, sondern ein körperlicher Zustand der Erregung,...