Leben nach der inneren Uhr mit modernem Ayurveda - Mit der Kraft der Chronobiologie die Gesundheit fördern, Gewicht verlieren, besser schlafen und Stress reduzieren

von: Suhas G. Kshirsagar, Michelle Seaton

riva Verlag, 2018

ISBN: 9783745303308 , 288 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 13,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

Leben nach der inneren Uhr mit modernem Ayurveda - Mit der Kraft der Chronobiologie die Gesundheit fördern, Gewicht verlieren, besser schlafen und Stress reduzieren


 

Vorwort


Mein Vater war stolz auf seine Ausbildung als Schulmediziner. Deshalb ist es eigentlich kein Wunder, dass ich zunächst in seine Fußstapfen getreten bin. Es war ein langer Entwicklungsprozess, bis ich den Wert der ayurvedischen Medizin erkannte und mir klar wurde, wie gut sie zu anderen Richtungen unserer heutigen Wellnessbewegung passt. Inzwischen kann man Ayurveda mit Fug und Recht als eine Säule der integrativen oder ganzheitlichen Medizin bezeichnen.

Als ich im Jahr 1991 mein Buch Die Körperseele schrieb, in dem ich die Prinzipien des Ayurveda für unser tägliches Leben erklärte, fragte ich mich, ob meine Leser wohl zu einer Lebensweise bereit wären, die sich sehr stark von den westlichen Gewohnheiten unterscheidet. Doch ich fand es ermutigend, wie interessiert die Leute waren, etwas über ihren Körpertyp zu erfahren – denn das ist der erste Einstieg in die ayurvedische Medizin, der zu einer individualisierten Ernährung und Lebensweise im Einklang mit dem Rhythmus der Jahreszeiten führt. Und was noch wichtiger war: In Die Körperseele wies ich darauf hin, dass Bewusstheit eine wichtige Triebkraft für Veränderungen unseres Körpers und unserer Denkweise ist. Ein auf dem Prinzip der Bewusstwerdung beruhendes Ayurveda geht weit über die Sichtweise dieser uralten indischen Gesundheitslehre als Alternativmedizin hinaus. Dabei geht es um persönliche Weiterentwicklung in jeder Hinsicht: körperlich, seelisch und spirituell. Die ayurvedischen Legenden kreisen um Menschen, die durch intensive spirituelle Praktiken unsterblich geworden sind. Im wahren Ayurveda steht die Erkenntnis unserer Unsterblichkeit ganz am Anfang: Man erkennt, dass Geburt und Tod nur eine Illusion sind.

Doch in der westlichen Medizin – und in zunehmendem Maß auch in Indien, China und anderen östlichen Ländern – geht es nicht um eine Erweiterung des Bewusstseins. Ganz im Gegenteil! Man strebt eher danach, eine Art Sicherheitsnetz zu knüpfen, indem man die richtigen Lebensmittel zu sich nimmt, genügend Sport treibt, seinen Stress in den Griff bekommt und auf negative Einflüsse wie Rauchen und Alkohol, die der Gesundheit schaden und die Lebenserwartung verkürzen, verzichtet oder ihnen zumindest nur in Maßen frönt. Meiner Meinung nach hat die Gesellschaft in dieser Hinsicht ein Plateau erreicht, denn der Gedanke, Risiken aus dem Weg zu gehen, beruht auf Ängsten. Angesichts der vielen in unserem näheren Umfeld drohenden Verlockungen und Gefahren wird Wohlbefinden zwangsläufig zu einem unsicheren Zustand, mit dem es jederzeit wieder vorbei sein kann.

Die Philosophie des Ayurveda widerspricht diesen Gesundheitsempfehlungen nicht, konzentriert sich aber in erster Linie auf ein ganzheitliches Gleichgewicht, und das führt zu einem tiefen Vertrauen in die Natur. Dabei geht man von der Verbindung seines eigenen Körpers zur Umwelt aus. Letztendlich geht es bei der indischen Weisheitstradition darum, sich von allen Trennungen loszusagen und in einem Bewusstsein der Einheit zu leben. Und diese Einheit ist kein Preis, den man erst nach einem Leben voller mühsamer körperlicher und spiritueller Praktiken erringt. Einheit ist der Grundzustand unserer Existenz, von dem wir uns entfernt haben. Um zu diesem Grundzustand zurückzukehren oder authentisch zu sein, muss man ein natürliches Leben führen, Körper und Geist in ausgewogenem Gleichgewicht halten und dabei gleichzeitig einen Entwicklungsprozess durchmachen – mit anderen Worten: Es ist von entscheidender Wichtigkeit, sein Bewusstsein, seine »Innenwelt« weiterzuentwickeln.

Man kann von keinem alternativmedizinischen System erwarten, dadurch ein Einheitsbewusstsein zu erreichen. Mit dem Sanskritbegriff Upaveda – wobei veda »Lehre von der Realität« und upa »in der Nähe von« bedeutet – kommt man der Wahrheit schon näher. Upaveda ist keine rein spirituelle Lehre, sondern vielmehr eine Ergänzung oder Hilfestellung im näheren Umfeld der reinen Lehre. In der westlichen Welt würde man es als ziemlich fragwürdig empfinden, der Medizin eine so untergeordnete Rolle zuzuweisen, denn die Schulmedizin ist ja im Grunde so etwas Ähnliches, wie wenn man ein Auto in die Werkstatt bringt, um es reparieren zu lassen. Diese mechanistische Denkweise, die uns im Medizinstudium beigebracht wird, tragen westliche Ärzte stolz wie ein Ehrenabzeichen vor sich her: Ein guter Arzt ignoriert die unzuverlässige, veränderliche Welt der Gefühle, Gedanken, Neigungen und Gewohnheiten seines Patienten und auch alles andere, was er als subjektiv empfindet. Selbst in der Psychiatrie (der einzigen medizinischen Fachdisziplin, die die Grenze zur Innenwelt des Patienten überschreitet) geht es inzwischen fast nur noch darum, für jedes Symptom das richtige Medikament zu finden – obwohl man weiß, dass die dem Symptom zugrunde liegende psychische Erkrankung sich so gut wie nie durch eine medikamentöse Behandlung heilen lässt.

Wenn sie nicht gerade in der Arztpraxis sitzen, denken die meisten Menschen in ihrem Alltagsleben so gut wie nie über ihre von Kindheit an eingeschliffene Lebensweise nach und streben erst recht nicht nach dem ayurvedischen Ideal, tagtäglich auf den veränderlichen Zustand ihres Körpers und Geistes zu achten. Diese Bewusstheit – im Sinne von Achtsamkeit – bedeutet nicht, sich ständig Sorgen darüber zu machen, was man isst und wie man sich fühlt. Wenn Sie den upa-Teil des Wortes Upaveda ernst nehmen, können Sie Ihr Wohlbefinden durch Ihre täglichen Lebensgewohnheiten und Ihr Verhalten im Rhythmus der Jahreszeiten in jeder Hinsicht verbessern.

Um zum Hauptthema dieses Buches zu kommen: Mit dem Aufstieg der Chronobiologie (der Wissenschaft von den subtilen und weniger subtilen Auswirkungen der Zeit auf unsere Physiologie) hat die westliche Medizin eine stille Revolution erlebt. Immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass in unserem Körper alles vom richtigen Zeitpunkt abhängt. Jeder Vorgang in unseren Billionen Zellen wird von einer inneren Uhr gesteuert – und diese Uhr hat große Ähnlichkeit mit derjenigen, die schon in den vedischen Texten beschrieben wurde. Die große Bedeutung unseres zirkadianen (24-Stunden-)Rhythmus könnte sich sogar als Bindeglied zwischen den uralten ayurvedischen Praktiken und dem Streben nach Linderung unserer modernen Epidemie chronischer Volkskrankheiten erweisen.

Im Jahr 2017 wurden drei Wissenschaftler mit dem Nobelpreis für ihre vier Jahrzehnte umspannende Arbeit ausgezeichnet, in der sie die Geheimnisse des zirkadianen Rhythmus in der Biologie entschlüsselten. Diese Forscher stellten fest, dass die Funktion von Zellen in Pflanzen, Tieren, Menschen, ja sogar manchen einzelligen Bakterien durch den 24-Stunden-Rhythmus der Natur beeinflusst wird. Bestimmte Gene verändern die Funktion der Zellen in Abhängigkeit von der Tageszeit. Diese Erkenntnisse mögen uns ziemlich abgehoben erscheinen; doch das noch relativ junge Gebiet der Chronobiologie bietet praktische Anwendungsmöglichkeiten, die die Zukunft unserer Medizin revolutionieren könnten.

Inzwischen ist gut belegt, dass wir mit unserer Lebensweise unsere DNA-Expression verändern können; doch neuen Erkenntnissen zufolge reicht es nicht aus, sich gesund zu ernähren, ein paarmal pro Woche Sport zu treiben und gut zu schlafen: Wir müssen wissen, welcher Tagesablauf unserem individuellen Körpertyp entspricht und welcher nicht. Das lehrt die ayurvedische Medizin schon seit Jahrhunderten.

Diese Erkenntnis macht dieses Buch zu einem so wertvollen Beitrag dazu, die ayurvedische Medizin ins Bewusstsein der westlichen Welt zu heben. Denn trotz noch so guter Ratschläge zur Krankheitsvorbeugung (deren Gültigkeit die ayurvedische Lehre nicht bestreitet) arbeiten immer noch Millionen von Menschen zu viel, halten sich nicht an einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus und haben nachts das Handy neben ihrem Bett liegen. Sie ernähren sich am liebsten von Fastfood (was inzwischen fast schon eine Art Volkssport geworden zu sein scheint), und wenn sie doch einmal etwas Vernünftiges essen, nehmen sie sich nicht genügend Zeit dafür. Sie leben mit ständigem Blick auf die Uhr, haben immer Termine und eine viel zu lange Liste von Aufgaben und Anforderungen im Kopf.

Diese unrealistischen Erwartungen, die wir und unser soziales Umfeld an unseren Lebensstil stellen, sind uns inzwischen fast schon zur Selbstverständlichkeit geworden; doch neue medizinische Untersuchungen sprechen gegen die Annahme, dass unser Körper sich an etwas Unnormales gewöhnen kann. Die chronische Unausgewogenheit, in der wir fast ständig leben, wirkt sich auf alle unsere Zellen aus, wobei die größten Wurzeln des Übels in chronischem Stress und unterschwelligen Entzündungsprozessen liegen. Wenn die düsteren Vorahnungen führender Wissenschaftler sich bewahrheiten, könnte es tatsächlich stimmen, dass sich alle lebensstilbedingten Erkrankungen – auch Herz-Kreislauf-Leiden, Fettleibigkeit, Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes – schon Jahre oder Jahrzehnte vor Beginn der ersten Symptome anbahnen. Diese ersten Anfänge liegen in jenem...