Wyatt Earp 182 - Western - Mord an Jake Davenport

von: William Mark

Martin Kelter Verlag, 2018

ISBN: 9783740935108 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 1,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

Wyatt Earp 182 - Western - Mord an Jake Davenport


 

Noch nisteten die schwarzgrauen Schatten der Nacht in den Straßen der Westernstadt Wichita, als zwei Männer das Hotel des Engländers Griffin in der Mainstreet verließen.

Ihre Gestalten waren im Dunkel kaum zu erkennen. Lautlos traten sie aus dem Haus, blieben ein Stück auf den Vorbauten, verließen sie dann und tauchten genau in dem Moment auf der Straße auf, als von Süden her mit holzknarrendem Gerumpel und räderknirschendem Geächze die von vier staubbedeckten Pferden gezogene Overland-Kutsche vor der Wells-Fargo-Station vorfuhr.

Die beiden stiegen von der Straßenseite her ein, so daß man sie von der Station aus nicht sah.

Zahlen konnte man ja auch unterwegs.

Fast wäre es gutgegangen, denn die Kutsche hatte keine Passagiere nach Wichita gebracht, und zu dieser frühen Stunde stieg auch selten jemand zu.

Dennoch wurde plötzlich der Schlag aufgerissen und das schnauzbärtige Gesicht eines Mannes tauchte auf.

Es war der Driver selbst, der sich gewohnheitsmäßig davon überzeugte, ob jemand zugestiegen war.

»Zounds!« entfuhr es ihm, als er die beiden Gestalten bemerkte. Und der Schrecken lähmte seine Glieder, als der eine ihm den blinkenden Lauf eines Revolvers entgegenhielt.

»Abfahren! Und zwar sofort!«

Der Driver nickte. Er schob den Wagenschlag ins Schloß und ging. Er war ein viel zu erfahrener Mann, als daß er diese unmißverständliche Drohung in den Wind geschlagen hätte. Zuviel hatte Dave Gingers auf diesem Gebiete im Laufe von zwei Jahrzehnten erlebt. Er wußte ja, daß die beiden ihn im Auge hatten. Wenn er jetzt Alarm geschlagen hätte, war er selbst verloren. Sie hatten ihn auch noch im Blickfeld, als er sich vorn am Wagen auf den Kutschbock hinaufzog, denn die Overland war neu und hatte auch zum Kutschbock hin ein langes schmales Fenster, das allerdings meistens wegen des Durchzuges von den Passagieren selbst geschlossen wurde.

Die Kutsche setzte sich schaukelnd in Bewegung.

Mit schrillen Rufen feuerte der Driver die Pferde an. Und bald schlingerte die schwere Overland weit unten durch die Mainstreet dem Stadtausgang zu.

Als die letzten Häuser schließlich weit zurücklagen, spürte Dave Gingers, wie er von hinten angestoßen wurde.

Der Teufel soll den Kerl holen, der das Fenster zum Kutschbock erfunden hat! dachte er und wandte sich um.

Er sah das Gesicht des einen der beiden unheimlichen Fahrgäste vor sich.

»Halten Sie an!«

Gingers kam dieser Aufforderung nach.

Als die Overland in einer wahren Glocke von Staub zum Stehen gekommen war, hatte der eine der beiden Passagiere den Wagen verlassen und blieb neben den Pferden stehen.

»Es tut mir leid, Driver, daß wir Sie so derb in Bewegung setzen mußten. Aber es gab leider keine andere Möglichkeit. Ich wollte vermeiden, daß man in Wichita unsere Abreise bemerkte.«

»Kann ich mir denken!« knurrte der Kutscher.

Der Mann unten neben den Pferden war sehr groß, sicher einsneunzig hoch, hatte breite Schultern und schmale Hüften. Er trug, soweit der Driver das in der Morgendämmerung erkennen konnte, einen schwarzen Hut, ein weißes Hemd und einen schwarzen Anzug.

Jetzt nahm er eine lange schwarze Zigarre aus einer Ledertasche, biß die Spitze ab und riß ein Zündholz am Daumennagel an. Als der kleine gelb-rote Lichtschein auf sein Gesicht fiel, entfuhr dem schnauzbärtigen Dave Gingers ein Ausruf der Verblüffung.

»Wyatt Earp! Hell und Devis! Ich Idiot!«

Das Zündholz war erloschen.

Und Gingers sah eine große schwarze Zigarre vor sich, die er Fremde ihm aus dem Lederetui entgegenhielt.

»Nehmen Sie nur, sie ist leicht und würzig.«

Der Kutscher griff mit zitternder Hand danach und krächzte: »Sind Sie tatsächlich der Marshal Earp?«

»Ich will es wenigstens hoffen«, entgegnete der Fremde, und als er jetzt lächelte, blitzten seine großen, weißen ebenmäßig gewachsenen Zähne in seinem dunklen Gesicht.

Gingers deutete mit der Zigarre zum Fahrgastraum zurück.

»Und er – ist er Doc Holliday?«

Der Missourier nickte. Dann erklärte er dem Overland-Kutscher, weshalb er und der Georgier die Stadt so heimlich verlassen hatten.

Doc Holliday war seit Wochen krank und hatte sich vor wenigen Tagen auf einmal nach einer Medizin, die von einem toten Osagenhäuptling stammte, unerwartet etwas erholt. Aber der schwere Krankheitsanfall, den der Spieler erlitten hatte, würde sich in einer so heißen Stadt wie Wichita nur sehr schwer überwinden lassen. Deshalb hatte der unglückliche Mann beschlossen, hinauf in die Berge Colorados zu reisen, wo die Luft reiner, kühler und gesünder war.

Da es aber in der Stadt eine Reihe von Leuten gab, die nichts von dieser Abreise zu wissen brauchten, hatten die beiden Dodger sie geheim vorgenommen.

Es waren nicht etwa nur Gegner der beiden Westmänner, die keinen Wind davon bekommen sollten, sondern auch die Männer vom Stadtrat, an ihrer Spitze der Mayor selbst, die den Marshal Earp unbedingt in Wichita haben wollten und ihm deshalb ein geradezu phantastisches Angebot gemacht hatten. Wyatt Earp aber gedachte seinem alten Dodge City treu zu bleiben. Und um allen lästigen Fragern und Besuchern aus dem Wege zu gehen – und nicht zuletzt auch, um den leider auch in der Stadt steckenden geheimen Gegnern keine Spur zu bieten, hatten die beiden Wichita im Morgengrauen verlassen.

Es würde wenigstens zwölf Stunden lang dauern, bis man den Marshal vermißte, denn er war angeblich am Abend vorher zu einer der Ranches aufgebrochen. Und Doc Holliday hatte an seine Tür ein Schild geheftet: Bitte nicht stören. Und wenn sie dann am Abend doch in Hollidays Zimmer sahen, würden sie das Geld für beide Zimmer finden und einen kurzen Brief, den der Georgier geschrieben hatte.

Und noch einen Grund hatte Doc Holliday gehabt, insgeheim abzureisen. An dem Tag, an dem er gegen den Revolvermann Ed Flemming auf der Mainstreet von Wichita gestanden hatte, war seine alte Verehrerin, die bildschöne Spielerin Laura Higgins in der Stadt angekommen.

Niemand begriff den Mann aus Georgia, daß er der schönen Frau auswich, nach der alle anderen sich die Hälse verrenkten. Aber Holliday, der von einer unheilbaren Krankheit heimgesucht worden war, wollte die strahlend gesunde Frau nicht mit einem todgeweihten Manne belasten.

Er ahnte allerdings auch nicht, daß die Seelengröße der schönen Laura Higgins bedeutender war, als er sie einschätzte und daß die liebende Frau alles auf sich genommen hätte, nur um bei ihm sein zu können.

Der wirklich studierte Doktor John Henry Holliday war ein Aristokrat, ein nicht nur sehr gut aussehender Mann, sondern auch ein Mann, der durch seine Bildung von den Menschen dieses Landes weit abstach. Jedenfalls hatte er es der jungen Frau, deren Vater er einst in Notwehr oben in Abilene erschoß, angetan. Sie war unsterblich in ihn verliebt und hätte jedes Opfer auf sich genommen.

Holliday wollte sich und ihr denAbschied ersparen. Deshalb auch hatten sie die frühe Overland genommen.

Es hielt sie ja beide nichts in Wichita.

Wyatt mußte wieder nach Dodge zurück und wollte den Freund noch ein Stück begleiten, hinauf nach Topeka, wo der Georgier eine bessere Verbindung mit der Bahn hinüber nach Colorado hatte. Natürlich hätte er auch hier in Wichita die Bahn nehmen können. Aber erstens fuhr sie erst am Tage ab, und zweitens hätte er dann einen Umweg in Kauf nehmen müssen, der wieder Eilposten erfordert hätte, was unterwegs für einen nur schwer Genesenden nicht eben angenehm war.

Der Driver schob sich den Hut aus der Stirn und nickte.

»Damned, ich bin doch wirklich ein Trottel! Ich glaube, ich werde alt, Marshal!«

Wyatt winkte ab.

»Machen Sie sich darüber keine Sorgen, Driver. Es ist schließlich eine Zumutung, von jemandem, dem man im Morgengrauen einen Revolver vorhält, auch noch zu verlangen, daß er einen erkennen und für diese Grobheit noch freundlich begrüßen soll.«

»Nichts da, Marshal. Ich bin und bleibe ein Hammel. Schließlich habe ich ja damals hier gelebt, als Sie in Wichita den Stern trugen, habe Sie gegen Mannen Clemens und seine Bande auf der Straße gesehen und bewundert – jawohl: bewundert…«

Wieder winkte der Missourier ab. »Ich glaube, wir setzen die Fahrt fort, sonst müssen Sie zuviel Zeit unterwegs wettmachen.«

Wenn die Postkutschen auch keinen Minuten-Fahrplan hatten, wie heute unsere Züge in aller Welt, so hielten sie sich doch seit der Pionierzeit an möglichst genaue Abfahrts- und Ankunftszeiten. Natürlich konnten sie nicht auf die Minute eintreffen, denn die Hindernisse auf und am Wege einer alten Western-Overland, die Postsäcke und Passagiere beförderte, waren auch in den Achtzigerjahren noch ziemlich beachtlich.

Dennoch setzte jeder Driver seine Ehre darein, ein möglichst pünktlicher Mann zu sein. Und hatte er einmal Zeit verloren, so trieb er auf der Strecke seine Gäule zu größter Eile an, um die Zeit wieder einzuholen.

Es waren nicht nur die immer noch streunenden Banden, die die Sicherheit der Kutschen bedrohten, nicht nur Witterungseinflüsse, sondern vor allem gebrochene Räder, Deichselbrüche und dergleichen, die die größten Hindernisse darstellten. Seltsamerweise stellten die doch so sehr beanspruchten Pferde den kleinsten Teil der Hindernisse dar; die Overlandgäste waren zuverlässig und trugen selten die Schuld an einem Aufenthalt.

Wyatt Earp stieg wieder ein, und die Fahrt in den beginnenden Morgen hinein wurde fortgesetzt.

Schweigend lehnte der stille Mann aus Georgia in seiner Ecke auf der linken Wagenseite.

Als die ersten orangeroten Lichter der aufgehenden Sonne über...