Im Bett mit dem ruchlosen Laird

von: Nicole Locke

CORA Verlag, 2018

ISBN: 9783733733827 , 256 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 4,49 EUR

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Im Bett mit dem ruchlosen Laird


 

1. KAPITEL

Schottland, 1296

Ihr habt mich bereits erwartet.“

Lioslath vom Fergusson-Clan war in der Dunkelheit ihres Schlafgemachs rastlos hin und her gegangen. Nun blieb sie stehen und umfasste den Dolch in ihrer Hand fester. Jahrelanger Übung verdankte sie, dass sie allein anhand dieser wenigen Worte verorten konnte, wo Bram, der Laird des Colquhoun-Clans, stand – und wohin sie ihre Klinge richten musste, um sein schlagendes Herz zu treffen.

Sie wusste es genau, obwohl sie mit dem Rücken zu ihm stand und von ihm in einem Augenblick der Rastlosigkeit überrascht worden war. In einem Augenblick, in dem sie wehrlos war. Zumindest würde er das glauben.

Der Laird hatte recht. Sie hatte ihn tatsächlich erwartet. So wie man die Ankunft eines Unwetters erwartete, das sich am Horizont zusammenbraute. Sie hatte ihn erwartet, seit er mit seinen Männern so wie Unwetterwolken auf einem nahe gelegenen Hügel aufgetaucht war. Seit ihre jüngeren Brüder auf ihn aufmerksam geworden und zurück zur Feste gerannt waren, damit die Tore geschlossen und verriegelt wurden. Die ganze Zeit über hatte Laird Colquhoun mehr und mehr seiner Clansmitglieder um sich geschart, die sich mit ihren Bögen und Schwertern in Position gebracht hatten, um so zuzuschlagen wie ein Blitz, den ein Unwetter mit sich brachte.

Aber sie hatten nicht zugeschlagen. Seit fast einem Monat hatten sie nichts dergleichen getan. Für Lioslath bedeutete das, Woche für Woche jeden Tag auf die in aller Eile wiederaufgebaute Aussichtsplattform steigen zu müssen, um einen Blick über die geschlossenen Tore werfen zu können. Und an jedem Tag hörte sie die Colquhoun-Männer auf der anderen Seite der Mauer reden, noch bevor sie die oberste Stufe der wackligen Treppe erreicht hatte.

Beinahe ein Monat war vergangen, aber ein Angriff hatte noch immer nicht stattgefunden. Noch immer war Laird Colquhoun nicht wie der raueste schottische Sturm gegen sie vorgerückt. Stattdessen hatten seine Männer die Feste nach und nach eingekreist. Von allen Seiten von ihnen umgeben zu sein, hatte etwas Erdrückendes, als würde ihr die Anwesenheit des Lairds die Luft zum Atmen rauben.

Doch seit diesem Morgen wusste sie, das Warten würde ein Ende haben. Vor dem Zugang zu dem Fluchttunnel hatte der Laird verschiedene Lebensmittel ablegen lassen, also kannte er inzwischen den Geheimgang. Obwohl Tür und Tor verriegelt waren, wusste sie genau, dass das Unwetter einen Weg nach drinnen finden würde.

Da Bram vom Colquhoun-Clan den Tag über keinen Versuch unternommen hatte, in die Feste zu gelangen, war ihr klar gewesen, dass er das in der Nacht tun würde.

Womit sie aber nicht gerechnet hatte, war der Klang seiner Stimme. So tief und melodisch, dass ihr eine Gänsehaut über die Arme lief und ihr mit einem Mal ganz heiß wurde.

Daher drehte sie sich nicht sofort zu ihm um, obwohl ein Mann unaufgefordert und entgegen allen Anstandsregeln ihr Schlafgemach betreten hatte. Sie täuschte keine jungfräuliche Empörung vor, auch wenn das ihr ursprünglicher Plan gewesen war, um den Mann abzulenken, damit sie auf ihn losgehen konnte.

Es lag an seiner Stimme. Mit einer solchen Stimme hatte sie einfach nicht gerechnet. Sie passte nicht hierher, hier in die Dunkelheit, in ihr Schlafgemach. Und sie passte nicht zu dem Mann, den sie bislang zu Gesicht bekommen hatte. Ein arroganter, stolzer Mann, der seine Überlegenheit zur Schau stellte, indem er durch ihr ramponiertes Dorf bis zu den von Wind und Wetter gezeichneten Toren der Feste geritten kam und mit Geschenken beladene Wagen brachte. Wahrscheinlich sah er sich als einen von allen geliebten Wohltäter. Oder als den neuen Laird der Feste, der seinen Leuten Geschenke machte.

Seit Laird Colquhoun mit der Belagerung begonnen hatte, hatte Lioslath ihn als ein Ärgernis empfunden. Ob es sein leuchtend rotes Haar war oder die ausholenden Schritte, wenn er zwischen seinen Soldaten hin und her ging, ob es seine lautstark erteilten Befehle oder seine Forderungen waren, die Tore aufzumachen, oder auch sein ständiges Lachen: Alles an ihm war ihr zuwider gewesen.

Bis jetzt.

Jetzt hatte in seiner Stimme ein verführerischer Tonfall mitgeschwungen, der sie tief berührte. Aber das durfte nicht sein! Sie versuchte ihr aufgeregtes Herz zu beschwichtigen.

Sie atmete tief durch, drehte sich um und wünschte sich im gleichen Moment, sie würde anderswo stehen. Der Vollmond schien durch das Fenster und durch die Löcher im Dach, doch Bram stand so, dass sein Gesicht in Dunkelheit getaucht blieb und sie nichts erkennen konnte.

Diese Dunkelheit wirkte sich zugunsten der Wirkung seiner Stimme aus, das war ihr klar. Sie korrigierte den Griff um das Heft ihres Dolchs, damit sie zum Zuschlagen bereit war. Ihr Plan musste vielleicht geändert werden, aber ihre Absicht würde sich nicht ändern. Sie hatte mit Bram vom Colquhoun-Clan gerechnet, doch er war hier nicht erwünscht, denn dafür war er viel zu spät eingetroffen.

„Geht weg“, sagte sie in einem Tonfall, der nicht bedrohlich wirken sollte. Ihr Hund – einfach nur Hund genannt – hatte sich in eine Ecke zurückgezogen. Sie durfte ihn nicht auf das Durcheinander der Gefühle aufmerksam machen, mit dem sie zu kämpfen hatte. Stattdessen musste sie ruhig bleiben und das tun, was ihrer Routine entsprach. Über Jahre hinweg war sie mit Hund auf die Jagd gegangen, daher wusste er, was der Dolch in ihrer Hand zu bedeuten hatte: Er musste sich auf die Lauer legen und auf ihr Signal warten, um die auserkorene Beute zu überrumpeln. „Verlasst mein Gemach, und verlasst die Feste. Waren die verschlossenen Tore und der auf Eure Männer geschleuderte Abfall etwa nicht abschreckend genug? Geht, Laird Colquhoun. Ihr hättet nie herkommen sollen.“

Bram konnte sie nur wie erstarrt anschauen.

Wochenlang war ihm der Zutritt zur Feste des Fergusson-Clans verwehrt worden. Wochen hatte er vergeudet, um sich ein Bild davon zu machen, wie die Feste und das Dorf angelegt sein mochten. Wochen, in denen er immer nur einen kurzen Blick auf die Frau hatte werfen können, die täglich auf der Plattform auftauchte und sich ein Bild von der Situation machte. Sichtbar, aber niemals nahe genug, um sie wirklich richtig betrachten zu können.

Jetzt jedoch, da sie nur wenige Schritte entfernt das Mondlicht stand, konnte er sie deutlich sehen. Es kam ihm so vor, als hätte die Nacht einen neuen Stern entstehen lassen, der alles überstrahlte, was am Firmament zu entdecken war.

Er schaute sich in der Kammer um. Ein schmales Bett, an der gegenüberliegenden Wand ein kleiner Tisch. In der einen Ecke etwas Großes, das eine Truhe sein mochte. Alles in allem ein schlicht eingerichtetes Gemach, das für eine Frau von solcher Schönheit viel zu spärlich war. Aber zumindest war er jetzt mit ihr allein.

„Ihr habt mich bereits erwartet“, wiederholte Bram und erkannte erst jetzt, weshalb diese Frau vollständig angezogen mitten in der Nacht in ihrem Raum auf und ab gegangen war. „Ihr habt heute Morgen mein Geschenk erhalten. Ihr habt uns heute beobachtet. Ihr wusstet, ich würde herkommen.“

„Euer Geschenk?“

„Das Wild und das Brot am Zugang zum Tunnel“, erklärte er. „Ich wusste nicht, ob Ihr es annehmen würdet.“

Sie legte die Stirn in Falten, in ihren Augen erwachte ein unpassend finsterer Ausdruck.

Er wusste, sie hatte sich die ganze letzte Woche heimlich bei seinen Vorräten bedient, doch bis zum gestrigen Tag war es ihm ein Rätsel gewesen, wie sie die Feste unbemerkt hatte verlassen können. Als er dann den Geheimgang entdeckt hatte, war ihm klar gewesen, dass er sie seine Absichten wissen lassen musste. Also hatte er am Morgen die Lebensmittel am Tunneleingang ablegen lassen, die ein Beitrag zu den Verhandlungen sein sollten.

Doch es war klar, dass er schon jetzt gescheitert war.

„Ihr habt das Geschenk nicht nehmen wollen“, antwortete er an ihrer Stelle. Er war ein Meister der Diplomatie, doch seine Gaben hatten nicht bewirkt, dass sie ihm geneigter geworden wäre. Sie hatte alle Tore und Türen verriegeln lassen, um ihn und seine Leute am Betreten der Feste zu hindern, und das Essen verschmäht.

„Warum geht Ihr nicht?“, fragte sie, ohne auf seine Worte zu reagieren.

Weil er noch nicht das getan hatte, wofür er hergekommen war. Er musste hier sein, und zwar heute Nacht. Während er die ganze Zeit darauf gewartet hatte, dass ihm Einlass in die Feste gewährt wurde, näherte sich seinem Clan eine große Bedrohung. Seine Pflichten als Laird machten es erforderlich, dass diese Situation beendet wurde. Dennoch dachte er in diesem Moment keineswegs an seine Pflichten, fasziniert von der schönen Frau im Mondlicht.

Ihre kurzen schwarzen Haare lockten sich oder standen trotzig ab. Das unterstrich ihre hohen Wangenknochen ebenso wie die sanften Linien ihres Kinns. Ihre Haut wirkte im Mondschein besonders blass, zudem ließ das Licht ihre Augen größer und strahlender erscheinen. Und erst diese Farbe …

Die Augen waren von einem intensiven Blau, das einen starken Kontrast zu den schwarzen Haaren und den dichten langen Wimpern bildete. Es kam ihm so vor, als würde sich gleich unter ihren elegant geschwungenen Augenbrauen ein strahlend blauer Sommerhimmel befinden.

Da der Mond nicht für genügend Licht sorgte, konnte er die Konturen ihres Körpers nicht im Detail erkennen, doch das war jetzt auch nicht nötig. Denn immer wenn sie sich von der Plattform aus ein Bild ihrer Umgebung machte, hatte der Wind die abgetragene Kleidung so gegen ihre Rundungen gedrückt, dass ein Mann sich unweigerlich...