Charlotte und das Reitinternat - Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden

von: Feli Fritsch

epubli, 2018

ISBN: 9783746776224 , 198 Seiten

3. Auflage

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 4,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

Charlotte und das Reitinternat - Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden


 

Shoppingfieber


 

Wir fuhren sofort am frühen Samstagmorgen zu Ikea nach Hanau. Papa saß am Steuer, Mama hatte den Beifahrerplatz für sich beansprucht, ich saß auf der Rückbank. David hatte sich freundlicherweise bereiterklärt, sich während unserer Abwesenheit um April zu kümmern.

„Wie findest du denn den Namen Dennis?“, fragte Mama meinen Vater, als der auf das Gelände des großen schwedischen Möbelkonzerns abbog.

„Nee, den finde ich doof“, erwiderte Papa.

„Du willst Kevin, das ist ja mal doof“, schimpfte Mama.

„Beide Namen sind auf Deutsch gesagt scheiße! Mit Kevin ist euer Sohn direkt untendurch und mit Dennis wird er genauso in eine Schublade geschoben. Es gibt so viele aktuelle Namen, die schön sind. Davon solltest ihr euch einen aussuchen“, klärte ich meine Eltern auf. „Wie wäre es denn mit Maximilian? Den kann man dann Max abkürzen und damit verbindet man einen freundlichen und hilfsbereiten jungen Typen, dem man vertrauen kann.“

Mama und Papa schwiegen.

„Können wir dann aussteigen?“ Ich öffnete die Tür und sprang aus dem Auto. Mama und Papa folgten mir schließlich.

Wir liefen die breiten Treppen im Eingangsbereich hoch und besorgten uns dann einen Einkaufswagen. Wir betraten den Verkaufsraum und mich überfiel eine Flut an Müttern mit Kindern, knutschenden Teenagern und genervten Ehemännern.

„Was willst du denn für ein Bett haben?“, fragte Papa mich und nahm Mama an die Hand.

„Ein größeres als jetzt jedenfalls“, erwiderte ich und schlängelte mich durch die ganzen nervigen kleinen Giftzwerge und ihre noch anstrengenderen Eltern.

„A-ha“, meinte Papa seufzend und Mama fand hinter der nächsten Ecke ein Babybett für meinen Bruder.

„Ist das nicht schön?“, fragte sie meinen Dad, der neben ihr stehenblieb. Ich schob den Wagen an die Seite – was die wenigsten hier schafften – und ging zu Mama und Papa. Das Bett war oval, hatte ein dachähnliches Aufsteckgerüst und wurde mit Stoffen in schönen Blautönen geschmückt.

„Also ich finde es schön“, sagte ich. „Nur, dass Mr. XY da recht schnell rausgewachsen sein wird, wenn er auch nur annähernd so schnell wächst wie April“, fügte ich hinzu und machte ein Foto. Das schickte ich David.

Soll das für dich sein?, fragte mein Freund und sendete einen Zwinkersmiley hinterher.

Nein, für Mr. XY, schrieb ich zurück.

Ja, dann find ich’s cool, kam seine Antwort sofort.

„David mag es auch“, gab ich die Info an meine Eltern weiter.

„Dann schreiben wir den auf.“ Mama suchte sich einen Zettel und einen Stift und schrieb alle Daten von der Tafel auf den Zettel.

„Shoppingfieber! Ihr Frauen könnt echt für alles Geld ausgeben“, meinte Papa, als er Mama und mich dabei beobachtete, und lachte kurz auf. Dann gingen wir weiter. Zwischendurch fand Mama noch schöne Teddybären, Kissen oder Decken, die sie für Mr. XY haben wollte. Und dann hatten wir endlich die Abteilung für meine Altersklasse erreicht!

„Hier gibt es mindestens genauso viel Auswahl“, stöhnte Papa und sah sich um, er schob inzwischen den Einkaufswagen.

„Das ist doch schön!“ Ich lief auf eines der Betten zu, das aus einem schwarzen Metallgestell bestand.

„Wie ein Königinnenbett“, grinste Mama verständnisvoll.

„Und das kann man dann später im Sondermüll entsorgen. Das kommt mir nicht ins Haus. Du kriegst was aus Holz, das kann dann wenigstens der Sperrmüll abholen.“ Papa lief weiter.

„Typisch“, erwiderte ich sauer und lief hinterher, während sich Mama ein Lachen verkniff.

Papa war stehengeblieben. „Das hier ist doch ganz okay.“

„Dad, das ist Kackbraun! Nein!“ Ich schüttelte demonstrativ den Kopf.

„Das gibt es bestimmt auch in anderen Farben“, antwortete mein Vater abwinkend.

„Trotzdem Nein“, ich lief entschlossen weiter.

„Frauen muss Mann verstehen“, seufzte mein Vater und Mama nahm seine Hand. Wenigstens hatten die beiden sich wieder eingekriegt und den Namensstreit vergessen.

Einige Meter weiter wurde ich dann fündig. „Das Bett find ich schön!“ Endlich hatte ich eins gefunden, das mir gut gefiel – und meinen Eltern!

„Das finde ich auch gut“, pflichtete Mama mir bei.

„Es ist aus Holz und nicht so teuer“, antwortete Papa, was man als ein Ja verstehen konnte.

Nach einigen Diskussionen hatten wir uns dann darauf geeinigt, dass ich das Bett in 1,40 Metern bekam, was Papa vehement abgelehnt hatte. Dann brauchten wir eine neue Matratze, die Mama aussuchte, und ein größeres Spannbettlaken. Als wir das in den Wagen legten, hatten wir es geschafft und unsere Liste war voll genug – nach Paps‘ Meinung.

Wir liefen ins Warenlager und schoben alle Pakete auf unseren Wagen. Damit ging es zur Kasse. Sowohl Mama als auch ich freuten uns total über unsere Eroberungen; Papa hingegen wurde schlecht, als er den Betrag an der Kasse sah.

„Dafür kann ich erst mal wieder ein Nachwuchspferd verkaufen, um euren Spaß zu finanzieren“, meinte er, als wir Ikea verließen und den Einkaufswagen zum Auto schoben.

„So ein Quatsch“, widersprach Mama und hakte sich bei mir unter. „Das war ein sehr erfolgreicher Tag!“ Ich hoffte, dass das stimmte.

„Aber wir müssen uns beeilen. Die beiden Hengste kommen in zwei Stunden auf dem Internat an und wir müssen den Kram hier noch im Hänger verladen“, Papa schloss das Auto auf und öffnete die Klappe des Pferdehängers. Mama setzte sich ins Auto, Papa und ich verluden die Sachen. Dann ging es zurück nach Hause.

 

Zuhause warteten David und April bereits auf uns. Mein Hund freute sich, als wir zur Tür hereinkamen. Sie umwedelte meine Beine und jaulte vor Freude.

„Ich hab dich auch vermisst, meine Kleine“, ich nahm sie auf den Arm.

„Das sieht ja sehr … erfolgreich aus“, meinte David nach kurzem Überlegen, als er den geöffneten Pferdeanhänger vor der Haustür stehen sah.

„War es auch“, freute sich Mama und packte die Decken und Kissen aus. „Die müssen erst mal in die Waschmaschine!“

„Der errechnete Geburtstermin ist doch erst im Mai“, erwiderte ich. „Da ist ja noch massig Zeit!“

„Egal. Das müssen Mütter tun“, sagte Papa zu mir und ich nickte verstehend.

Ich brachte April nach oben in mein Zimmer, Papa und David trugen die Sachen nach oben. Dann schaute sich Papa skeptisch in meinem Zimmer um.

„Was? Ich hab letztens aufgeräumt“, rechtfertigte ich mich.

„Das ist es nicht. Ich fragte mich nur, wie wir das Bett hier aufbauen sollen“, erwiderte er und kratzte sich nachdenklich am Kopf.

„Oh … Stimmt. Das Zimmer ist es etwas klein“, bemerkte auch ich.

„Was ist denn los?“ Mama tauchte im Türrahmen auf.

„Wir haben zu wenig Platz hier drinnen“, sagte ich und ließ mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen. Das war’s dann wohl mit dem größeren Bett.

„Daran haben wir ja gar nicht gedacht“, seufzte Mama und steckte sich nachdenklich die rechte Hand in die Hosentasche.

Dann fiel mir etwas ein. „In welchem Zimmer hast du damals eigentlich gewohnt, Mom?“, fragte ich sie, auch wenn ich die Antwort schon wusste.

„In dem Zimmer ganz hinten am Ende des Gangs“, sagte sie.

„Das große mit den zwei Nebenräumen und dem eigenen Badezimmer?“, hakte ich nach.

„Ja, genau das“, antwortete sie.

„Wann bist du da eingezogen?“, wollte ich dann wissen.

„Als ich dreizehn wurde. Warum?“ Mama sah mich skeptisch an.

„Dann könnte ich doch da einfach einziehen. Platz genug für das neue Bett wäre da auch und ich bin schließlich schon sechzehn.“ Ich begegnete Davids Blick, als ich Mama mit dem liebsten Gesichtsausdruck ansah, den ich hinkriegte. Mein Freund grinste kopfschüttelnd.

„Ich weiß ja nicht“, mischte sich Papa dann ein.

„Aber warum denn? Ich wüsste nicht, was dagegenspricht“, quengelte ich. Mama und Papa warfen sich kurze Blicke zu.

„Gut“, entschied Mama schließlich. „Du ziehst zum neuen Halbjahr in das Zimmer nebenan. Und sobald Max groß genug ist, kriegt er dein jetziges Zimmer!“

„Max?“ Ich sah sie schmunzelnd an.

„Ja, Max“, Mama lächelte.

„Soso“, ich umarmte sie.

Dann bauten wir drüben im Zimmer zusammen das Bett auf und ich sah mich unauffällig um. Wenn man hereinkam, stand man im Teil des Zimmers, das sich am weitesten links befand. Es war ein abgeschlossener Raum mit Balkon. Durch eine Tür hinten rechts konnte man das deutlich kleinere Nebenzimmer betreten, von dem ein Ankleidezimmer rechts abging und sich geradeaus weiter das Badezimmer mit Dusche befand.

Irgendwie war es schwierig, sich vorzustellen, dass Mama hier genauso gelebt hatte, wie ich es tun sollte. Sie hatte hier ihre Hausaufgaben gemacht und sich mit Freunden getroffen. Sie hatte Papa damals schon gekannt – und ihn geheiratet. Das wirkte für mich alles so weit weg. Ich kannte die Gefühle und Gedanken meiner Mutter nicht, alle Erinnerungen schienen wie verschlüsselt in diesem Zimmer zu hängen. Und diese Verschlüsselung schienen nur Mama und Papa lösen zu können. Trotzdem freute ich mich, dass sie mich hier wohnen ließen. Das war der nächste Schritt in die Selbstständigkeit. Denn wenn Max erst mal auf der Welt war, würde nichts mehr so sein wie früher …

 

Papa war total nervös. Ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn schon mal so erlebt zu haben. Er rannte ständig im Haus herum und vergaß irgendetwas. Doch dann hatte...