Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland - Wie wir unsere freie Gesellschaft verteidigen

von: Carsten Linnemann, Winfried Bausback

Verlag Herder GmbH, 2019

ISBN: 9783451815201 , 288 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 16,99 EUR

eBook anfordern eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland - Wie wir unsere freie Gesellschaft verteidigen


 

Gehört der real existierende Islam zu Deutschland?1


Ruud Koopmans


Ist der Islam prinzipiell unvereinbar mit einer offenen, demokratischen Gesellschaft? Oder gehört der Islam zu Deutschland? Beide Sichtweisen haben gemein, dass sie unterstellen, dass es »den« Islam gibt. Ein solches undifferenziertes Islambild überrascht nicht bei den radikalen Islamkritikern, wohl aber bei den Anhängern der These »Der Islam gehört zu Deutschland«. Wird der Islam nämlich einheitlich in Bezug auf Terror, Frauenunterdrückung, Hass auf Homosexuelle, Antisemitismus und Fundamentalismus kritisiert, sind sie sonst immer die Ersten, die darauf hinweisen, dass der Islam äußerst heterogen sei, und dass es »den« Islam deshalb gar nicht gebe. Aber wenn es »den« Islam nicht gibt, dann kann »der« Islam auch nicht zu Deutschland gehören – es sei denn, man möchte behaupten, dass jede Spielart des Islams, inklusive seiner fundamentalistischen, salafistischen und dschihadistischen Varianten, zu Deutschland gehört.

Die Diskussion um den Islam hat viel mit den Debatten um den Kommunismus zur Zeit des Kalten Krieges gemein. Kritik an Gewalt und Unterdrückung in kommunistischen Regimen wurde oft damit abgetan, dass die Auswüchse des real existierenden Sozialismus mit dem wahren Kommunismus nichts zu tun hätten, und dass die Machthaber in diesen Ländern gar keine echten Marxisten seien – auch wenn sie sich Kommunisten nannten und ihre Politik unter ständigem Verweis auf die Werke von Marx und Lenin legitimierten. Wenn es um den Islam geht, wird oft ähnlich argumentiert. Der Islam sei per definitionem friedfertig, tolerant, demokratisch, frauenfreundlich usw., und wenn etwas davon abweicht, auch wenn es im Namen des Islams geschieht, hat das halt nichts mit dem »wahren« Islam zu tun.

Die richtige und wichtige Frage, die wir uns stellen müssen, lautet nicht, ob der Islam ganz allgemein gesprochen zu Deutschland gehört oder nicht, sondern welcher Islam zu Deutschland gehören kann und welcher nicht. Das heißt, die Frage nach dem real existierenden Islam zu stellen. Dies ist keine theologische Frage. Theologisch lässt sich ein Islam, der sich mit Demokratie, Geschlechtergleichheit, sexueller Selbstbestimmung und Religionsfreiheit verträgt, ganz bestimmt denken und aus den heiligen Schriften und Traditionen begründen. Aber das gilt genauso gut für sein Gegenteil. Das ist keine Besonderheit des Islams – auch die heiligen Schriften und Traditionen anderer Religionen sind mehrdeutig und können eine Legitimationsgrundlage für alles und jedes sein. Die Beantwortung der Frage nach dem real existierenden Islam ist deshalb keine theologische, sondern eine empirische Aufgabe: Welche Formen des Islams sind tatsächlich heutzutage dominant? Ist der vorherrschende Islam der Welt von 2017 tatsächlich eine Religion des Friedens, der Demokratie, der Geschlechtergleichheit und der freien Selbstbestimmung?

Ich werde diese Frage im Folgenden auf drei Ebenen betrachten: der der islamischen Staaten weltweit; der der muslimischen Organisationen in Deutschland und schließlich der individuellen Ebene der Auffassungen der in Deutschland lebenden Muslime.

Die traurige Realität der islamischen Welt


Schauen wir zuerst auf die islamische Welt. 2017 gab es weltweit 195 unabhängige Staaten. Davon hatten 47, oder knapp ein Viertel, eine islamische Bevölkerungsmehrheit. Wie sieht der real existierende Islam in diesem Teil der Welt, wo Muslime die Mehrheit stellen, aus? Schauen wir uns dazu einige ernüchternde Fakten an:

 

  • Demokratie und Islam gehen in der Welt von 2017 nur sehr selten zusammen. Von den 47 unabhängigen, mehrheitlich islamischen Staaten der Welt sind nur zwei (4 Prozent) – Senegal und Tunesien – freie Demokratien; unter den nicht-­islamischen Staaten stellen dagegen heutzutage freie Demokratien die Mehrheit (57 Prozent).2
  • Freie Meinungsäußerung und freie Berichterstattung sind in der islamischen Welt ebenfalls Mangelware. Nach Angaben der internationalen Journalistenorganisation Reporters ­Without Borders ist es in 71 Prozent der islamischen Länder um die Pressefreiheit schlecht bis sehr schlecht bestellt. Dies gilt jedoch in nur 36 Prozent der nicht-islamischen Länder.
  • In den meisten islamischen Ländern gibt es keine Trennung von Staat und Moschee. Daten der amerikanischen Religionssoziologen Brian Grim und Roger Finke zeigen, dass in 72 Prozent der islamischen Länder Staat und Religion eng miteinander verknüpft sind. Das Gleiche gilt jedoch in nur 19 Prozent der nicht-islamischen Länder.3
  • Trotz der geläufigen These, die Welt würde heutzutage von »Islamophobie« heimgesucht, ist Glaubensverfolgung vor allem in islamischen Ländern weitverbreitet. Von den 24 Ländern der Welt, in denen Apostasie (Glaubensabfall) strafbar ist, sind 23 islamisch – und in nicht wenigen davon steht auf Apostasie die Todesstrafe.4 Von den 30 Ländern mit der schwersten Verfolgung von religiösen Minderheiten sind 20 islamisch. Dazu gehören Saudi-Arabien und die Golfstaaten, Ägypten und Pakistan, aber auch Länder mit weniger bekannten Fällen von Glaubensverfolgung und extremer Glaubensdiskriminierung wie die Komoren, das Sultanat Brunei oder die Malediven.5
  • Dass es um die Gleichberechtigung der Frau in der islamischen Welt schlecht bestellt ist, ist leider kein Vorurteil von Islamophoben, sondern für Hunderte Millionen von Frauen in islamischen Ländern eine harte tagtägliche Realität. Auf der Rangliste des World Economic Forum von Frauenrechten in 145 Ländern befinden sich 30 der 33 in der Liste vertretenen islamischen Länder in der unteren Hälfte. Die letzten 12 Plätze und insgesamt 17 der letzten 20 Plätze werden von islamischen Ländern besetzt.6 In 67 Prozent der islamischen Länder werden Frauen im Familienrecht schwer diskriminiert (beim Heiratsalter, elterlicher Macht, Sorgerecht, Erbrecht). Das Gleiche gilt in nur 14 Prozent der nicht-­islamischen Länder.7
  • Sexuelle Gleichberechtigung? Alle zwölf Länder der Welt, in denen auf Homosexualität die Todesstrafe steht, sind islamisch. Hinzu kommt der islamische Norden von Nigeria. Homosexualität ist illegal in zwei Dritteln der islamischen Länder, dagegen nur in einem Viertel der nicht-islamischen Länder.8
  • Islam ist Frieden? Davon ist heutzutage wenig zu merken. 2015 wüteten in 30 Ländern Bürgerkriege: In 16 mehrheitlich islamischen Staaten (etwa Syrien, Irak, Jemen, Afghanistan, Mali) kämpften islamische Glaubensgruppen oder Muslime unterschiedlicher Ethnizität gegeneinander. Weitere zehn nicht mehrheitlich islamische Staaten haben mit radikal-islamischen Aufständischen zu kämpfen (etwa Nigeria, Kenia, Indien, Thailand oder die Philippinen). Weltweit gab es 2015 nur vier Bürgerkriege (Burundi, Kolumbien, Südsudan und Ukraine) ohne muslimische Beteiligung.9

 

Wir können also schlussfolgern, dass der Islam so, wie er 2017 mehrheitlich in der islamischen Welt existierte, keineswegs zu Deutschland oder zu Europa und seinen Werten passt. Demokratie, Toleranz, Respekt für Minderheiten, freiheitliche Selbstbestimmung, Gleichberechtigung der Geschlechter und die friedliche Austragung von Konflikten sind in der islamischen Welt leider seltene Erscheinungen.

Islamische Organisationen in Deutschland


Schauen wir jetzt auf die zweite Ebene, die der islamischen Organisationen in Deutschland. Vertreten diese Organisationen Werte, die zu Deutschland gehören? Nehmen wir eine Predigt mit dem Titel »Der hohe Rang bei Allah: Das Märtyrertum« zur Kenntnis, die 2014 in deutschen Moscheen verlesen wurde: »Keiner, der das Paradies betritt, möchte zurück auf die Erde […]. Nur der Schahid [Märtyrer, RK], er möchte wieder zurück und wieder den Märtyrertod sterben, wenn er sieht, welches Ansehen und welchen Rang er hier im Paradies genießt. Diese Frohbotschaft war es, die unseren Propheten (saw) und seine Gefährten und später auch unsere Vorfahren beseelten und sie von einer zur nächsten Front trieben, um diesen hohen Rang zu erreichen. Rein für den Weg Allahs, um Seinen Namen zu verbreiten. Für das Land und die Landsleute.«10 Diese Predigt stammt nicht aus einer finsteren salafistischen Hinterhof­moschee. Sie wurde bundesweit in den Moscheen der größten deutschen muslimischen Organisation – DITIB, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion – verlesen. DITIB ist direkt der türkischen Religionsbehörde unterstellt, ihr Vorsitzender ist der türkische Botschaftsrat für religiöse Angelegenheiten, ihre Predigten werden zentral festgelegt und von Imamen verlesen, die aus der Türkei nach Deutschland geschickt werden und vom türkischen Staat bezahlt werden. Kein Wunder, dass mit dem »Land« und den »Landsleuten«, von denen im obigen Zitat die Rede ist, nicht Deutschland und die Deutschen, sondern die Türkei und die Türken gemeint sind. Kein Zweifel lässt daran die DITIB-Predigt »Heimatliebe« vom März 2016 (also noch aus der Zeit vor dem misslungenen Putsch in der Türkei): »Mit Hilfe des erhabenen Allahs haben unsere Vorfahren Anatolien zur Heimat für unser Volk gemacht und dieses Land […] um Kopf und Kragen verteidigt. Kein Volk gibt es ohne Heimat; und ohne Volk gibt es keinen Staat. Als Gemeinschaft ist es heute unsere Aufgabe, die Erinnerung unserer...