Tausche mich, nehme dich

von: Susan Mallery

MIRA Taschenbuch, 2019

ISBN: 9783955769833 , 304 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 4,99 EUR

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Tausche mich, nehme dich


 

1. KAPITEL


Es ist ganz einfach“, sagte der Mann im teuren Designeranzug zu Dani Buchanan, „Sie werden keine Gelegenheit haben, den Senator zu sprechen, bevor Sie mir nicht verraten haben, warum Sie hier sind.“

„Leider vereinfacht dieser Hinweis rein gar nichts“, murmelte Dani in sich hinein. Sie war gleichermaßen eingeschüchtert wie aufgeregt und hatte ein äußerst flaues Gefühl im Magen. Ihr Anliegen hatte sie bereits einer Empfangssekretärin und zwei Assistentinnen mitgeteilt, und nun, da sie die Tür von Mark Canfields Büro am Ende des langen Korridors immerhin schon sehen konnte, hatte sich ihr dieser große Kerl mit dem entschlossenen Blick in den Weg gestellt.

Sie überlegte, ob sie sich einfach an ihm vorbeidrängeln sollte, aber er war ziemlich groß – was auf sie selbst so gar nicht zutraf. Ganz zu schweigen von dem Umstand, dass sie heute ein Kleid und Schuhe mit ziemlich hohen Absätzen trug, was beides höchst ungewöhnlich für sie war. Das Kleid wäre nicht das Problem gewesen, aber diese Schuhe brachten sie fast um. Die Schmerzen in den Fußballen wären noch auszuhalten gewesen, aber wie sollte ein Mensch es schaffen, sich auf diesen Dingern im Gleichgewicht zu halten? Wenn sie versuchte, sich auf ihnen auch nur geringfügig schneller fortzubewegen, würde sie sich höchstwahrscheinlich einen Knöchel brechen.

„Bei mir ist Ihr Anliegen in guten Händen. Sie können mir vertrauen“, sagte der Mann. „Ich bin Anwalt.“ Er hatte es tatsächlich geschafft, bei seiner Aussage keine Miene zu verziehen.

Dani lachte. „Seit wann gilt das als ein vertrauenerweckender Beruf?“

Um seinen Mund zuckte es, als müsste er sich ein Lächeln verkneifen. Ein gutes Zeichen, dachte Dani. Vielleicht ließ sich mit weiblichem Charme an diesem Typen vorbeikommen. Besonders gut war sie zwar nie darin gewesen, mit Charme bei Männern etwas zu erreichen, doch viele andere Möglichkeiten hatte sie im Moment nicht. Sie würde also so tun müssen, als sei sie charmant.

Dani holte tief Luft und warf den Kopf in den Nacken. Doch da sie ihr Haar kurz trug, fiel es ihr leider nicht effektvoll aus dem Gesicht und über die Schulter. Was bedeutete, dass der alte Trick, Männer auf diese Weise mit kokettem Charme zu bezaubern, bei ihr schon mal nicht klappte. Gut, dass sie sich geschworen hatte, keinen Mann mehr wirklich an sich heranzulassen.

„Betrachten Sie mich als den Drachen, der das Tor bewacht“, sagte der Mann. „Sie kommen nicht an mir vorbei, wenn Sie mir nicht den Grund Ihres Besuchs verraten.“

„Hat Ihnen niemand gesagt, dass Drachen ausgestorben sind?“

Nun lächelte er doch. „Ich bin der lebende Beweis, dass sich diese Gattung bester Gesundheit erfreut.“

Na fein, dachte sie. Dieser Typ war offenbar eine harte Nuss. Er hatte ein nettes, attraktives Gesicht, sodass man bei seinem Anblick nicht sofort vor Schreck erstarrte. Doch so schön, dass er es nicht nötig hatte, an seinem Charakter zu arbeiten, war er nun auch wieder nicht. Aber er hatte mörderisch blaue Augen. Und ein ausgeprägtes Kinn, das auf Starrköpfigkeit schließen ließ.

„Ich bin in einer Privatangelegenheit hier“, sagte sie und war sich gleichzeitig bewusst, dass ihm das als Erklärung nicht reichen würde. Aber sie musste es zumindest versuchen. Was sollte sie sonst sagen? Dass sie vor Kurzem entdeckt hatte, dass sie doch nicht der Mensch war, der sie immer gedacht hatte zu sein, und dass die Antworten auf ihre Fragen hier in diesem Gebäude zu finden waren?

Das Gesicht des Drachenmanns nahm energische Züge an, und er verschränkte die Arme vor der Brust. Dani hatte sofort das Gefühl, als mustere er sie abschätzig. Seine Geste war eindeutig eine Zurückweisung.

„Das glaube ich nicht“, erwiderte ihr Gegenüber scharf. „Diese Art von Spielchen spielt der Senator nicht. Sie verschwenden nur Ihre Zeit. Verschwinden Sie.“

Dani starrte ihn entgeistert an. „Wie bitte?“ Was dachte sich dieser Typ eigentlich? Oh! „Sie glauben, ich meine, dass der Senator und ich ...“ Sie verzog angewidert das Gesicht. „Nein, um Gottes willen ...“ Rasch wich sie einen Schritt zurück, was in Anbetracht ihrer Schuhe ein gefährliches Unterfangen war – doch sie hatte keine andere Wahl. Sie musste sich distanzieren. „Dieser Gedanke ist zu abwegig, um ihn auszusprechen.“

„Warum?“

Sie seufzte. „Weil ich möglicherweise seine Tochter bin.“ Nicht nur möglicherweise, sonst hätte sie kein so flaues Gefühl im Magen gehabt.

Mister Designer verzog keine Miene. „Sie wären besser beraten, wenn Sie behaupteten, Sie hätten mit ihm geschlafen. Das würde ich Ihnen eher abnehmen.“

„Wer sind Sie eigentlich, dass Sie sich ein Urteil darüber erlauben, was Mark Canfield vor 28 Jahren gemacht hat und was nicht?“

„Ich bin sein Sohn.“

Dani horchte auf. Sie wusste alles über die große Familie des Senators. „Dann nehme ich an, Sie sind Alex?“

Der Drachenmann nickte.

Interessant. Nicht, dass sie und der älteste Sohn des Senators blutsverwandt gewesen wären. Mark Canfield und seine Frau hatten alle ihre Kinder – inklusive Alex – adoptiert. Doch sie selbst und Alex gehörten eben möglicherweise trotzdem zur selben Familie.

Dani war nicht sicher, was sie empfinden sollte. Das Verhältnis zu ihrer eigenen Familie, in der sie aufgewachsen war, gestaltete sich schon schwierig genug. Wollte sie sich wirklich noch mehr komplizierte Familienangelegenheiten aufhalsen?

Anscheinend schon, dachte sie. Sonst wäre sie wohl nicht hierher gekommen.

Der brennende Wunsch zu wissen, wohin sie gehörte, wer ihr leiblicher Vater war, war am Ende stärker gewesen. Falls Mark Canfield wirklich ihr Vater war, wollte sie ihn kennenlernen, und niemand würde sich ihr dabei in den Weg stellen. Nicht einmal sein Adoptivsohn.

„Ich war bereits sehr geduldig mit der Sekretärin und den beiden Assistentinnen. Wenn schon sonst nichts zählt, bestehe ich auf das Recht als Bürgerin und Wählerin, meinen Senator zu sprechen. Also machen Sie mir bitte den Weg frei, bevor ich hier einen Aufstand machen muss.“

„Wollen Sie mir drohen?“, fragte Alex. Er klang beinahe amüsiert.

„Hätte ich Erfolg damit?“

Er musterte sie langsam von oben bis unten. In den letzten sechs Monaten hatte Dani gelernt, dass es für sie nichts Gutes bedeutete, wenn ein Mann sie interessiert ansah. Es endete unweigerlich in einer Katastrophe. Doch obwohl sie den Männern abgeschworen hatte, spürte sie deutlich, dass sein Blick auf ihrem Körper sie nicht ganz kalt ließ.

„Nein, aber es könnte durchaus noch amüsant werden“, erwiderte er.

„So eine Antwort können nur Männer geben.“

„Warum? Sind Männer etwas Negatives?“

„Haben Sie eine Ahnung! Also, Drachenjunge, geh mir aus dem Weg. Ich möchte Mr. Canfield sprechen.“

„Drachenjunge?“

Diese belustigte Frage kam nicht aus dem Mund des Mannes vor ihr. Dani drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, und sah genau den Mann in einer der Türen stehen, den sie noch nie getroffen hatte, der ihr aber durchaus vertraut war.

Sie kannte Senator Canfield aus dem Fernsehen. Und sie hatte ihn sogar gewählt. Doch er war nie mehr als ein Politiker für sie gewesen. Nun allerdings stand er nur ein paar Schritte entfernt vor ihr, und darüber hinaus war es sehr gut möglich, dass er ihr Vater war.

Sie klappte den Mund auf und wieder zu. Sie fand keine Worte, und ihr Kopf war wie leer gefegt.

Der Senator trat zu ihnen. „Bist du der Drachenjunge, Alex?“, fragte er.

Alex zuckte die Achseln. Er schien sich leicht unbehaglich zu fühlen. „Ich habe ihr gesagt, dass ich der Drache bin, der das Tor bewacht.“

„Du machst deine Sache wirklich gut.“ Der Senator legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Und diese junge Dame macht also Probleme?“ Er wandte sich an Dani und lächelte. „Sie sehen nicht sonderlich bedrohlich aus.“

„Das bin ich auch nicht“, schaffte Dani zu erwidern.

„Sei dir dessen nicht so sicher, Dad“, sagte Alex.

Dani warf ihm einen wütenden Blick zu. „Sie sind gerade ein bisschen vorschnell in Ihrem Urteil. Wir kennen uns noch nicht besonders gut.“

„Sie wollen mit Ihren lächerlichen Behauptungen doch nur Unruhe stiften.“

„Warum lächerlich? Das wissen Sie doch gar nicht so genau.“

„Wissen Sie es denn genau?“

Der Senator sah beide an. „Soll ich vielleicht später wieder kommen? Würde euch das besser passen?“

Dani ließ Alex links liegen und wandte sich dem Senator zu. „Es tut mir leid, dass ich hier so hereinplatze. Ich habe mehrmals versucht, einen Termin bei Ihnen zu bekommen, aber alle fragen mich immer nach dem Grund, und den kann ich niemandem sagen. Ich ...“

Das Ausmaß dessen, was sie gerade im Begriff war zu tun, wurde ihr plötzlich so richtig bewusst. Unmöglich, einfach so mit etwas herauszuplatzen, das sie selbst erst kürzlich erfahren hatte. Dass er nämlich vor 28 Jahren eine Affäre mit ihrer Mutter gehabt hatte und sie selbst das Ergebnis davon war. Er würde ihr niemals glauben. Warum sollte er?

Mark Canfield sah sie an. „Sie kommen mir bekannt vor“, sagte er stirnrunzelnd. „Haben wir uns schon einmal irgendwo getroffen?“

„Passen Sie auf, was Sie jetzt sagen“, warnte Alex Dani. „Legen Sie sich nicht mit mir an.“

Sie beachtete ihn nicht. „Das haben wir nicht, Senator, aber sie kannten meine Mutter – Marsha...