Firefly: Grosser, verdammter Held - Roman zur TV-Serie

von: James Lovegrove

Panini, 2019

ISBN: 9783736799615 , 352 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 11,99 EUR

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Firefly: Grosser, verdammter Held - Roman zur TV-Serie


 

„Gorramn Tag der Allianz“, murmelte Zoë.

Der Tag der Allianz war so ähnlich wie der Tag der Vereinigung, wurde aber nur auf Persephone gefeiert. Er sollte an die Unterzeichnung des Vertrages erinnern, mit dem Persephone in die Allianz aufgenommen worden war, und Mal hoffte, dass die Leute ihn nur so begeistert feierten, weil sie einen Tag lang freihatten und sich betrinken konnten. Der Tag der Allianz passte Mal ebenso wenig wie der Tag der Vereinigung. Er passte ihm überhaupt nicht.

Zwischen den Dächern hatte man Leinen gespannt, an denen bunte Allianzfahnen in langen Reihen hingen. Eine Hälfte der Fahne bestand aus einer blauen Fläche, die andere war rot-weiß gestreift. In der Mitte befand sich ein rotes Rechteck mit einem Kreis aus gelben Sternen. Die im Wind flatternden Fahnen sahen aus wie herausgestreckte Zungen, die Mal verhöhnen wollten: Du hast verloren, du hast verloren, du hast verloren … Wimpel in den gleichen Farben hingen von Balkonen und Strommasten, und jeder dreckige Fensterrahmen, in dem es noch eine Scheibe gab, war mit Fahnen beklebt worden.

Mal, Zoë und Jayne trotteten durch eine gewundene Gasse und mussten ständig Leuten ausweichen, die ihnen entgegenkamen. Viele hatten kleine Allianzanstecker aus Plastik an ihren zerschlissenen Mänteln und Hüten befestigt, und nicht wenige hatten zur Feier des Tages ihre alten Allianzuniformen angezogen und stellten stolz Orden zur Schau, die ihnen für die Zerstörung von Browncoat-Stellungen und das Abschlachten von Browncoat-Truppen verliehen worden waren.

Mal ging mit zusammengekniffenen Augen und angespannten Kiefermuskeln neben Zoë her. Er hatte noch nie eine Person kennengelernt, die stoischer auftreten konnte als sie, wahrscheinlich, weil sie aussah, als würde alles in ihrer Umgebung ihr ein wenig auf den Geist gehen. Manche Leute glaubten, dass Mal schwer zu durchschauen war, aber er wusste, dass das nicht stimmte. In seiner Seele steckte eine Verbitterung, die sich bis in sein Herz gebohrt hatte, und er wusste nicht, ob er sie jemals loswerden würde. Aber das störte ihn nicht sonderlich. Sie sorgte dafür, dass er weitermachte. Dass er weiterflog.

Aber sie sorgte nicht dafür, dass er sich keinen Ärger einhandelte.

Vor allem nicht am Tag der Allianz.

Drei angetrunkene junge Frauen, die fast identisch gekleidet waren – hochgeschlossene rote Satinjacke und eine schwarze Hose – liefen auf Mal und Zoë zu. Sie hatten sich die Haare an beiden Kopfseiten zu Knoten zusammengebunden, wedelten mit kleinen Allianzfähnchen herum und kicherten einander an.

„Froher Tag der Allianz!“, schrie eine von ihnen, und die anderen lachten kreischend.

Zoë stieß einen scharfen Fluch aus, als sie sich an ihnen vorbeidrängte, was Mal lächeln ließ. Kaum etwas war lustiger als eine wütende Zoë. Unter normalen Umständen wäre das ein gutes Omen für ihren Barbesuch gewesen. Die Vorstellung, ein paar Allianzverehrern gleich eins überzubraten und das Mobiliar zu zerschlagen, hätte Mals schlechte Stimmung deutlich gebessert. Allerdings hatten sie einen Job zu erledigen und das hatte leider Vorrang.

Er holte Zoë ein und stellte sich dumm. „Was war denn los?“, fragte er.

„Ich hasse dümmliche Frauen, Sir“, sagte sie.

„Die sind wirklich verabscheuungswürdig“, stimmte er freundlich zu.

„Hey, nicht so schnell!“, rief Jayne ihnen nach.

Als Mal sich umdrehte, sah er, dass Jayne die Arme um zwei der betrunkenen Frauen gelegt hatte. Die dritte steckte ein Allianzfähnchen in die Maschen seiner linken Ohrenklappe.

„Was für eine schicke Mütze!“, quietschte sie währenddessen. „Du siehst so süß aus!“

Die blondeste der drei Frauen hob die Hand und versuchte durch wiederholtes Hochspringen, die orangen Bommel der Mütze zu berühren. Jayne grinste von einem Ohr zum anderen, so sehr genoss er die Aufmerksamkeit. Mal und Zoë ignorierten ihn und setzten ihren Weg fort.

„Hey, wartet doch“, rief Jayne hinter ihnen. Die Frauen lösten sich von ihm und liefen lachend weiter.

Jayne, der die Bewunderung der Frauen immer noch genoss, schloss zu ihnen auf. Er rückte seine Mütze zurecht samt der Verzierung, die er gerade bekommen hatte. Das war zu viel für Mal. Er zog das widerwärtige Symbol aus der Mütze, warf es auf den Asphalt und zermalmte es mit dem Stiefelabsatz.

Jayne bückte sich nicht, um es aufzuheben. Anscheinend hatte er sich bereits davon verabschiedet. „Wenn wir mit dem geschäftlichen Teil durch sind, können wir doch noch eine Nacht bleiben, oder? Hier wird so viel gefeiert …“

„Und wir haben einen Laderaum voll mit Chemikalien, die ich gerne so schnell wie möglich loswerden würde“, sagte Mal.

„Ach ja. Weil die uns ja sonst um die Ohren fliegen könnten.“ Jayne lächelte unangenehm, mit gebleckten Zähnen und finsterem Blick. „Die Jobs, die wir manchmal annehmen, sind …“

Verärgert fuhr Mal zu ihm herum. „Sind was, Jayne? Gefährlich? Töricht? So weit unter unserer Würde, dass einem schwindelig wird?“

„Nun, irgendwie schon. Warum geben wir uns damit ab?“

„Weil es die einzigen Jobs sind, die wir annehmen können, ohne aufzufallen. Weil sie uns weiterfliegen lassen, wir nicht im Gefängnis landen und uns niemand eine Schlinge um den Hals legt.“

Jayne winkte ab. „Bleib locker, Mal! Lass das nicht an mir aus! Ich hab deinen Krieg nicht verloren.“

Zoë trat zwischen die beiden, direkt vor Jayne. Sie streckte das Kinn vor und sah ihn mit einem durchdringenden Blick an. „Ich glaube, du solltest schweigen, sonst bringe ich dich zum Schweigen.“

Das war eine ernst gemeinte Drohung, was Jayne auch verstand. „Hab das doch nich böse gemeint“, murrte er. Seine geröteten Wangen verrieten, wie peinlich ihm die Situation war. Jayne gab nicht gerne nach. „Ihr beide lebt in der Vergangenheit, das ist alles. Wie Badger sagte: Der Krieg ist vorbei. Schon seit ’ner Weile. Genießt doch den Frieden.“

Zoë schien darauf antworten zu wollen, riss sich aber zusammen. Sie musterte Jayne abschätzend mit einem Blick, in dem mehr Feuer lag als in den Triebwerken eines Firefly-Transportschiffs.

„Was?“, protestierte er empört. „Ist doch wahr. Der Krieg ist vorbei. Und zu verlieren, ist gar nicht so schlimm. Ich hab schon oft was verloren. Pokerspiele, Beute von Raubüberfällen, ein Pferd, meine Jungfräulichkeit und …“ Er warf einen Blick auf das Fähnchen, das Mal in den Staub getreten hatte. Seine Augen weiteten sich. „O nein!“, stöhnte er, als er sich bückte und die zerrissenen Stücke zusammensuchte. Er zeigte sie Mal anklagend. „Sie hat ihren Wavecode da draufgeschrieben. Siehst du das? Kann man nicht mehr lesen.“

„Verlieren ist nicht so schlimm“, wiederholte Mal. „Außerdem hat sie nichts getaugt.“

„Woher willst du das wissen?“, fragte Jayne.

„Ihr gefiel deine Mütze.“

Jayne baute sich vor ihm auf. „Meine Mutter hat die gestrickt. Du bist doch nur neidisch.“

„Solange du das glaubst“, erwiderte Mal.

Jayne murmelte leise vor sich hin, während er versuchte, das zerrissene Papier zusammenzufügen. Nach ein paar Sekunden gab er frustriert auf und warf die Fetzen in die Luft.

„Okay, hört zu“, sagte Mal, als sie sich Taggarts Bar näherten. „Wir treffen uns um sechs mit Hunter Covington. Dann werden wir ja sehen, ob er es ehrlich meint. Wenn ja, nehmen wir mit, was er uns gibt, dann holen wir Kaylee. Sie wird uns bestätigen, ob das Shuttle repariert ist. Ich zahle die Reparaturrechnung, wir geben das Miet-Shuttle ab, während Wash die Startvorbereitungen trifft.“

„Hat dieser Covington gesagt, was wir für ihn mitnehmen sollen?“

„Er sagte, er wolle das lieber persönlich und nicht per Wave besprechen“, sagte Mal.

Hunter Covington war etwas, das Mal nicht leiden konnte: eine unbekannte Größe. Er hatte um einen Kostenvoranschlag für den Transport „eines kleinen Gegenstands“ zu einem nahe gelegenen Ziel gebeten, das er erst bei einem persönlichen Treffen preisgeben wollte. Mal störte die vage Beschreibung ebenso wie die Vorstellung, mit einem völlig Fremden Geschäfte zu machen, aber da sie sich ohnehin auf Persephone aufhielten, hatte er dem Treffen in Taggarts Bar zugestimmt. Nur ein reicher Mann oder ein Trottel ließ einen potenziellen Auftrag sausen, und Mal gehörte definitiv nicht in die erste Kategorie und seiner Erfahrung nach auch nicht in die zweite.

„Eins ist noch wichtig“, fügte er hinzu. „Wir erwähnen nicht, dass wir möglicherweise in die Luft fliegen werden, bevor wir seine Waren abliefern können. Verstanden?“

„Das ist schlau“, sagte Jayne ernst.

Sie schlenderten an Geschäften vorbei, in denen lebende Schaufensterpuppen in die Farben der Allianz gehüllt waren, Fahnen schwenkten und den Passanten zuwinkten. Die Leute auf der Straße jubelten und winkten zurück.

Etwas weiter die Straße runter gab es ein Geschäft, das sich als Mischung aus Schrotthandel und Pfandhaus präsentierte. Dort hatten Mal und Kaylee schon oft um Ersatzteile für die Serenity gefeilscht. In dem Lebensmittelladen auf der anderen Straßenseite kauften sie normalerweise Proteinblocks, die dann an Bord zu Mahlzeiten verarbeitet wurden. An jedem gorramn Geschäft hing eine Fahne, mit der man den Tag feierte, an dem sich Persephone der Allianz angeschlossen hatte. Vielleicht wollten einige...