Baccara Extra Band 18

von: Day Leclaire, Catherine Mann, Michelle Celmer, Yvonne Lindsay

CORA Verlag, 2019

ISBN: 9783733725891 , 496 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 5,99 EUR

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Baccara Extra Band 18


 

2. KAPITEL

Er hatte einen Sohn.

Die Vorstellung wollte einfach nicht in seinen Kopf. Und Ana irrte sich. Denn es interessierte ihn. Wahrscheinlich mehr, als gut für ihn war. In dem Augenblick, in dem er gesehen hatte, wie sie mit Beth plauderte, hatte sein Herz einen so heftigen Sprung getan, dass es ihm fast den Atem geraubt hätte. Und als sich dann ihre Blicke trafen, hatte ihn ein überwältigendes Bedürfnis überkommen, ihr nahe zu sein. Wie ferngesteuert war er die Verandatreppe hinunter und auf sie zugelaufen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, was für Folgen seine Handlungen haben könnten.

Nachdem er ihre Affäre beendet hatte, war über Wochen hinweg kein Tag vergangen, an dem er sich nicht plötzlich mit dem Telefonhörer in der Hand wiedergefunden hatte. Er hatte ihr sagen wollen, dass er einen Fehler gemacht hatte. Dass er sie zurückwollte. Auch wenn das wohl das Ende seiner Karriere bei Western Oil bedeutet hätte.

Doch er hatte so hart dafür gearbeitet, so weit zu kommen. Es wäre einfach dumm gewesen, all das zu opfern – für eine Beziehung, die vom ersten Moment an zum Scheitern verurteilt war. Also hatte er das einzig Sinnvolle getan: Ana Birch hinter sich gelassen. Nur dass er im Augenblick nicht wirklich sicher war, dass ihm das auch gelungen war.

Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu winden. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt, offenbar tat er ihr weh. Verdammt. Er ließ sofort los und zwang sich, seine Wut zu unterdrücken. Gott, er hatte doch sonst niemals Probleme, die Kontrolle zu behalten! Was hatte diese Frau an sich, dass sie mit ihrer bloßen Anwesenheit all seine Selbstbeherrschung zunichtemachte?

„Wir müssen reden“, flüsterte er unterdrückt. „Jetzt.“

„Das hier ist wohl kaum der richtige Ort.“

Womit sie absolut recht hatte. Wenn sie zusammen verschwanden, würde es eine Menge Gerede geben.

„Okay, dann lass uns folgendermaßen vorgehen. Du verabschiedest dich jetzt von Beth und fährst nach Hause. Ich folge dir mit einer Viertelstunde Abstand. Wir treffen uns dann in deiner Wohnung.“

Sie hob ihr Kinn noch ein bisschen weiter. „Und was, wenn ich Nein sage?“

Sie versuchte, knallhart zu wirken, indem sie die Trotzkarte spielte. Aber er kannte sie viel zu gut, um darauf hereinzufallen. Nathan wusste, dass sich hinter ihrem unnahbaren, selbstbewussten Auftreten eine Frau verbarg, die genauso viele Ängste und Unsicherheiten in sich trug wie jeder andere Mensch auch.

„Davon würde ich dir abraten“, sagte er. „Und abgesehen davon sind wir uns ja wohl einig, dass du mir zumindest eine Erklärung schuldest.“

Selbst Ana konnte das nicht leugnen, und so erwiderte sie nach kurzem Zögern: „Na gut.“

Was hätte sie auch sonst sagen sollen? Sie mochte stur und sogar ein klein wenig verzogen sein, aber sie war auch eine ausgesprochen intelligente Frau.

Nathan beobachtete, wie sie auf ihren viel zu hohen Absätzen über den Rasen davonstolzierte. Nuttenstiefel hätte sein Bruder Jordan gesagt. Nicht unbedingt das Outfit, das man von einer Milliardenerbin erwartet hätte – und noch viel weniger von einer Mutter. Aber Ana hatte noch nie gerne nach den Regeln gespielt. Und genau das war der Grund, aus dem Nathan sich wie magisch von ihr angezogen gefühlt hatte. Ihr Selbstbewusstsein und ihre unglaubliche Courage hatten ihn einfach angemacht.

Zumal er ansonsten nur mit „angemessenen“ Frauen zusammen gewesen war. Frauen, die ihn genau da haben wollten, wo er war. Die niemals zugelassen hätten, dass er vom „rechten Weg“ abkam. Doch dann hatte er herausgefunden, dass Ana bei Weitem nicht so verdorben war, wie sie die Leute glauben machte. Tatsächlich hatte sie ihn weitaus mehr auf den rechten Weg gebracht als jede Frau zuvor.

Nathan entdeckte Beth und ging zu ihr hinüber. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass sie eingeweiht war. Und wenn man der Miene trauen konnte, die sie gerade zog, wusste sie auch genau, was gerade passiert war.

„Sie hat Leo und mich schwören lassen, dass ich nichts verrate“, rechtfertigte Beth sich, ehe er auch nur ein Wort sagen konnte.

„Du hättest es mir trotzdem sagen sollen.“

Sie schnaubte. „Als ob du es nicht sowieso schon längst gewusst hättest.“

„Woher denn bitte?“

„Komm schon, Nathan. Du trennst dich von einer Frau, und einen Monat später tratschen alle darüber, dass sie schwanger ist. Willst du mir ernsthaft weismachen, dass du nie auf die Idee gekommen bist, das Kind könnte von dir sein?“

Natürlich hatte er daran gedacht. Eine Zeit lang hatte er jedes Mal, wenn das Telefon klingelte, gedacht, es wäre Ana. Er hatte darauf vertraut, dass sie es ihm sagen würde, wenn sie ein Kind von ihm erwartete. Als sie sich nicht gemeldet hatte, war er davon ausgegangen, dass ein anderer der Vater war. Was in seinen Augen bedeutet hatte, dass Ana sich ziemlich schnell über ihn hinweggetröstet hatte. Und das wiederum hatte ihn zutiefst gekränkt.

Aber offenbar gab es keinen anderen. Was ihm im Augenblick allerdings auch keinen Trost spendete.

„Es war falsch von ihr, mir nichts zu sagen“, beharrte er.

„Ja, keine Frage. Aber – und sie würde mich umbringen, wenn sie erfährt, dass ich dir das erzähle – du hast ihr das Herz gebrochen, Nathan. Sie war am Boden zerstört, als du Schluss gemacht hast. Also sei bitte nicht ganz so streng mit ihr.“

All das war keine Entschuldigung dafür, dass sie ihm sein Kind vorenthalten hatte. „Ich muss los. Gib dem Geburtstagskind einen Kuss von mir.“

Beth zog besorgt die Brauen zusammen. „Geh vorsichtig mit ihr um, Nathan. Du hast keine Ahnung, was sie alles durchgemacht hat. Die Schwangerschaft, die Geburt … sie war ganz auf sich gestellt.“

„Sie hat es sich selbst so ausgesucht. Immerhin hatte sie im Gegensatz zu mir eine Wahl.“ Nathan wandte sich ab. Er war zu wütend und enttäuscht, um Beth weiter zuzuhören. Konnte es sein, dass ihn wirklich alle Menschen, denen er vertraute, verraten hatten?

Doch während er zum Parkplatz lief, begriff er, dass er nichts anderes hatte erwarten können. Er und Beths Mann Leo hatten sich seit dem College immer weiter voneinander entfernt. Ana und Beth hingegen standen sich nahe. Sie waren nicht nur Cousinen, sondern auch Freundinnen. Entsprechend war es kein Wunder, dass Beths Loyalität ganz klar bei Ana lag.

Abgesehen davon hatte er sowieso den Verdacht, dass er tief in sich von Anfang gewusst hatte, dass er der Vater war. Vielleicht hatte er die Wahrheit einfach nicht wissen wollen. Vielleicht hatte er Ana deswegen nie wieder angerufen. Und vielleicht jagte ihm die Wahrheit eine Riesenangst ein. Wie sollte er mit der Lage umgehen? Was sollte er Adam Blair sagen, seinem Chef bei Western Oil? Ach, was ich dir noch sagen wollte: Ich habe neuerdings einen Sohn. Und seine Mutter ist Ana Birch, die Tochter unseres Erzfeindes.

Schon vor Monaten wäre das ein Desaster gewesen. Doch jetzt, seit die Raffinerie explodiert war und Birch Energy unter Verdacht stand, an dem Vorfall beteiligt zu sein, stand noch viel mehr auf dem Spiel. Wenn jetzt herauskam, dass er der Vater von Birchs Enkel war, würde er nicht nur seine Chance auf den Posten als Vorstand verlieren, sondern vermutlich auch den Job, den er bereits hatte.

Und außerdem hatte er nicht den blassesten Schimmer, was es bedeutete, ein Kind zu haben. Na gut, er wusste, dass man so ziemlich alles anders machen musste als sein eigener Vater. Aber das ließ immer noch unendlich viel Spielraum für Fehler.

Er war damals so oft in Anas Wohnung in Raven Hill gewesen, dass er wie auf Autopilot fuhr. Als er seinen Porsche in die Einfahrt lenkte, wartete dort bereits ein weißer Luxus-SUV. Offenbar hatte Ana ihren Sportwagen gegen ein praktischeres Gefährt eingetauscht. Weil das Entscheidungen waren, die verantwortungsbewusste Eltern trafen. Und in einem Punkt war er sich absolut sicher: Ana war eine gute Mutter. Sie hatte ihm oft davon erzählt, wie schrecklich es für sie gewesen war, ihre Mutter zu verlieren und von ihrem Vater einfach ignoriert zu werden. Und sie hatte ihm erzählt, dass sie alles für ihre Kinder tun würde, wenn sie eines Tages eine eigene Familie hatte.

Nathan und sein Bruder Jordan hatten genau das umgekehrte Problem. Ihr Vater hatte sie keine Sekunde lang in Ruhe gelassen, hatte ihnen seine Prinzipien eingebläut und sie von jeher gezwungen, sich stets genauso zu verhalten, wie er es getan hätte. Nathan hatte rebelliert, hatte Tag für Tag Machtkämpfe mit seinem Vater ausgetragen. Doch irgendwann hatte er es übertrieben und dabei einen Teil seiner selbst verloren.

Er parkte neben dem SUV und bewegte seinen Kopf ein paar Mal hin und her – er hatte das Lenkrad so fest umklammert, dass sein Nacken schmerzte. Er musste sich entspannen. Ja, er war stinksauer. Aber wenn er voller Wut und Vorhaltungen auf Ana zuging, würde sich die Situation nicht bessern.

Er atmete tief durch, stieg aus dem Wagen und betrat die Veranda. Ana stand schon in der Wohnungstür und wartete auf ihn. So wie sie es früher immer getan hatte. Da sie sich nicht in der Öffentlichkeit miteinander blicken lassen konnten, hatten sie sich meist hier getroffen. Im Unterschied zu früher fielen sie diesmal aber nicht sofort übereinander her, kaum dass Ana die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Diesmal gab es keinen langen, intensiven Kuss, der den Stress nach einem langen Arbeitstag einfach so von ihm abfallen ließ. Wie sie wohl reagieren würde, wenn er sie jetzt einfach an...