Schwester Evie - unwiderstehlich!

von: Emily Forbes

CORA Verlag, 2019

ISBN: 9783733727864 , 130 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 1,99 EUR

eBook anfordern eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Schwester Evie - unwiderstehlich!


 

1. KAPITEL

„Nicht schon wieder!“ Zac Carlisle schaute in die Richtung, in die seine Kollegin Dr. Lexi Patterson möglichst unauffällig mit dem Kopf wies.

Bob Leeming, der kürzlich entlassene Personalmanager, hatte der Klinik bei seinem Abgang ein Chaos hinterlassen, dessen Überbleibsel offenbar immer noch nicht beseitigt waren. Dieses spezielle Überbleibsel war nicht einmal einen Meter fünfundfünfzig groß, lehnte sich an die Empfangstheke und trug nicht viel mehr als ein enges Top und einen um die Hüfte geschlungenen Schal, an dem unzählige winzige Münzen klimperten.

„Eine Bauchtänzerin? Die Klinik steht kurz vor dem Ruin, wir suchen händeringend eine Krankenschwester, und er engagiert eine Bauchtänzerin?“

„Pst!“, sagte Lexi beschwichtigend. „Sie kann dich hören.“

Die vermeintliche Bauchtänzerin hatte Zac tatsächlich gehört. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte. Das Strahlen in ihrem Gesicht ließ ihn ein paar Sekunden lang vergessen, dass sie sämtliche Kleidervorschriften für das medizinische Pflegepersonal verletzte. Zac hörte Lexi neben sich kichern und rief sich selbst zur Ordnung.

„Ich muss los, um Molly abzuholen. Aber viel Spaß noch“, sagte seine Kollegin augenzwinkernd und überließ ihn allein diesem neuen Problem.

In diesem Moment kam die Frau mit dem klimpernden Rock auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen. Dabei erhellte noch immer dieses überwältigende Lächeln ihr Gesicht, das fast zu klein und zart schien für so viel Lebensfreude.

„Sie sind sicher Dr. Carlisle.“

Er war davon ausgegangen, dass sie Engländerin war. So zumindest war die neue Krankenschwester angekündigt worden, aber jetzt konnte er einen deutlichen australischen Akzent hören.

Er erwiderte ihren Händedruck möglichst kurz – eine Frau, die seine Gedanken in so kurzer Zeit verwirren konnte, war äußerst beunruhigend.

„Dann fürchte ich, dass Sie Eva Henderson sind.“

„Nein.“

„Nein?“ Sollte noch Hoffnung bestehen auf eine Krankenschwester mit fachlichen statt tänzerischen Fähigkeiten?

„Doch, bin ich, aber nennen Sie mich doch bitte Evie.“ Sie lachte. „Ich wollte nur sehen, ob Sie sehr erleichtert sind, wenn Sie denken, dass ich nicht hier arbeiten werde.“

Sie legte den Kopf zur Seite und stützte eine Hand auf ihre Hüfte. Unwillkürlich ließ Zac den Blick über ihre weiblichen Kurven gleiten. Er konnte sehen, dass sie unter dem Hüftschal noch einen fast durchsichtigen Rock trug, der mehr enthüllte, als er verbarg.

Mit Mühe schaute er ihr wieder ins Gesicht. „Bob Leeming hat Sie eingestellt, richtig?“

„Bitte sagen Sie mir nicht, dass es ein Problem gibt. Ich weiß, dass er inzwischen nicht mehr in der Klinik arbeitet, aber jetzt bin ich hier, und ich … nun ja, ich brauche diesen Job.“

Sie sah ihn aus großen dunklen Augen an. Trotz ihrer Worte lag in ihrem Blick nichts Bittendes. Ihr war klar, dass Zac sie nicht einfach wieder fortschicken würde.

„Sie entsprechen nicht ganz meinem Bild von einer Krankenschwester.“ Sein Versuch, sarkastisch zu klingen, war ihm nicht gelungen. Zu deutlich war die Erschöpfung in seiner Stimme.

„Na ja, ich dachte, hier auf dem Land sieht man das nicht so eng, deswegen …“ Sie unterbrach sich und tätschelte seinen Arm. „He, das war ein Scherz. Ich fange erst morgen an. Ich bin nur hier, um jemanden zu besuchen und den Papierkram in Ordnung zu bringen. Also bleiben Sie ganz ruhig. Ich bin zuverlässig und verantwortungsbewusst.“

„Ich habe nie etwas anderes behauptet.“

„Das war auch nicht nötig“, gab sie belustigt zurück. „Ihre Miene sprach dafür Bände – ‚Hilfe, eine Bauchtänzerin als Krankenschwester‘, oder was war noch mal das Wort, das Sie benutzt haben?“ Sie lachte wieder. „Tut mir leid. Ich rede ein bisschen viel, oder? Reine Nervosität.“

„Das glaube ich kaum. Sie scheinen sich hier schon ziemlich wohlzufühlen.“ Was man von Zac im Augenblick nicht gerade behaupten konnte. „Wen wollen Sie denn besuchen? Sie sind nicht von hier, oder?“

„Letitia.“

„Meine Patientin Letitia?“

„Ach, Sie sind ihr Arzt?“ Eva – Evie – musterte ihn mit unverhohlener Neugier und murmelte dann laut genug, dass er es hören konnte: „Klar, das passt.“

Zac nickte nur wortlos.

„Sie ist meine Schwägerin“, fuhr sie fort, „und … oh, natürlich.“ Wieder lächelte sie ihn strahlend an.

„Natürlich was?“, fragte Zac leicht irritiert.

„Wir sind Nachbarn.“

„Nachbarn?“ Er kam sich langsam vor wie ein Papagei, der alles nachplapperte.

„Ich ziehe zu Jake und Letitia, damit ich mich um ihre beiden Töchter kümmern kann, wenn Letitia für ihre OP nach Adelaide geht. Sie hat mir erzählt, dass es etwas seltsam ist, direkt neben seinem Arzt zu wohnen, aber auf dem Land kann das wohl vorkommen, das kenne ich.“

„Sie kommen mir nicht gerade wie ein Mädchen vom Land vor“, brachte Zac heraus, nachdem er ihren kleinen Wortschwall entwirrt hatte. „Zumindest kein Land, das ich kenne“, fügte er halblaut hinzu.

„Oh, doch. Ich bin ein echtes Mädchen vom Land. Jake und ich sind in New South Wales aufgewachsen.“

Das würde erklären, warum sie einen australischen Akzent hatte, obwohl sie ihren Unterlagen zufolge doch in England gelebt und gearbeitet hatte. Zac war froh, zumindest dieses unwichtige Detail geklärt zu haben, wenn diese Frau mit ihrem breiten Lächeln ihm ansonsten schon den Verstand vernebelte.

„Sind Sie eigentlich immer so fröhlich?“

Sie nickte. „Aber keine Sorge, es ist nicht ansteckend. Es sei denn, Sie küssen mich, dann könnten Sie sich mit unheilbar guter Laune infizieren.“ In dem sicheren Wissen, ihn mit dieser Bemerkung zum Schweigen gebracht zu haben, drehte sie sich um, winkte ihm noch einmal zu und ging dann mit aufreizendem Hüftschwung davon.

Zac sah ihr hinterher und fragte sich, wie viel Unruhe Evie erst verbreiten würde, wenn sie mehr Zeit in der Klinik verbrachte. Andererseits konnte eine Frau, die ihm gerade bis zur Schulter reichte, das Krankenhaus wohl kaum in größere Schwierigkeiten bringen als die, in denen es ohnehin schon steckte. Aber warum würde eine Krankenschwester, die etwas von ihrem Job verstand, in dieser Kostümierung an ihrem künftigen Arbeitsplatz auftauchen? Und wie lange würde es dauern, bis er diesen Anblick aus seinem Kopf verdrängt hatte?

„Dr. Carlisle!“

Zac hatte die Tür zu seinem Büro schon halb geöffnet, als er die Stimme hinter sich hörte. So würde er es nie schaffen, den Papierkram zu erledigen, der sein Leben derzeit in einen Albtraum verwandelte. Gestern Abend hatte ein Notfall ihn davon abgehalten, Evies Referenzen noch einmal zu prüfen. Jetzt war es gerade mal acht Uhr morgens, und er war bereits seit zwei Stunden in der Klinik, weil ein Baby drei Wochen zu früh auf die Welt kommen wollte.

Resigniert drehte er sich um. „Ja, Doris, was gibt es?“

„Wir haben gerade einen Notruf bekommen“, verkündete seine Assistentin mit bedauerndem Lächeln. „Der Rettungswagen bringt einen Teenager, der zusammengebrochen ist. Genaueres konnten sie nicht sagen. In fünf Minuten ist der Wagen da.“

„Ein Opfer der Abschlussfeiern?“

„Davon gehe ich aus.“

„Diese dummen Gören.“ Mit langen Schritten ging Zac in die Notaufnahme. „Wann werden sie endlich begreifen, dass es bessere Arten gibt, seinen Schulabschluss zu begehen, als mit jeder Menge Drogen und Alkohol im Gepäck in einen Badeort einzufallen?“

Doris versuchte, mit ihm Schritt zu halten. „Es sind Teenager. Sie denken, sie sind unsterblich.“

Zac hatte die Tür zur Notfallambulanz gerade geöffnet, als er abrupt stehen blieb. Doris prallte gegen seinen Rücken, aber er hörte ihren empörten Ausruf kaum. Er hatte nur Augen für Evie.

Sie unterhielt sich angeregt mit einer anderen Krankenschwester und hatte ihn nicht bemerkt. Beinahe hätte Zac sie nicht wiedererkannt, denn sie trug die weiße Bluse und dunkelblaue Hose der Schwesterntracht. Keine klimpernden Münzen, kein durchsichtiger Rock, kein knappes Top. Ihr dunkles Haar war ordentlich im Nacken zusammengebunden, und gegen jede Vernunft verspürte Zac einen leisen Stich der Enttäuschung.

Dann schaute sie auf und schenkte ihm ihr fröhliches, zuversichtliches Lächeln. Daran zumindest hatte sich seit gestern gar nichts geändert, und Zac hoffte inständig, dass ihr unbändiger Optimismus gerechtfertigt war. Die Klinik brauchte jede Hilfe, die sie bekommen konnte.

„Guten Morgen“, rief Evie und kam auf ihn zu. „Libby hat mir eben einen kleinen Einführungskurs gegeben und …“

Die Sirene des herannahenden Rettungswagens unterbrach sie. „Wollen wir?“ Sie wies mit dem Kopf auf die große Außentür, und gemeinsam gingen sie zum Ankunftsbereich.

Zac hatte keine Ahnung, welche Art von Notfall ihn erwartete, und ebenso wenig wusste er, welche Hilfe diese neue Krankenschwester ihm dabei sein würde. „Sind Sie sicher, dass Sie das schaffen?“, fragte er.

War das ein empörtes Funkeln in ihren dunklen Augen? Und wenn schon. Er hatte ein Krankenhaus zu leiten und konnte keine Rücksicht auf Eitelkeiten seiner Mitarbeiter nehmen.

Nach außen blieb Evie jedoch ruhig. „Aber sicher“, erwiderte sie.

Evie hatte nicht vor, gleich einen Streit mit Dr. Carlisle vom Zaun zu brechen. Sie brauchte diesen Job, und sie würde dem...