Die Hohen Wesen von Hawaii - Meine Begegnungen mit geistigen Ahnen

von: Tanis Helliwell

Neue Erde, 2020

ISBN: 9783890603391 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 12,99 EUR

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Die Hohen Wesen von Hawaii - Meine Begegnungen mit geistigen Ahnen


 

BEGEGNUNG MIT MYTHISCHEN WESEN IM LAND IHRER AHNEN


Wenn du in Kanada lebst, können die Winter sehr lang sein und einen ganz schön auslaugen. Darum liebe ich es, den Zugvögeln gleich, in sonnigere Gefilde zu entfliehen. Es ergab sich, dass ich im Januar zwei Wochen frei hatte, und mit etwas Glück fand ich an der Südküste von Kauai, einer der Inseln von Hawaii, eine Unterkunft.

Mein Partner Simon und ich waren erst ein paar Tage da und hatten gerade den Jetlag überwunden, ein paar Lebensmittel eingekauft und unsere Badesachen ausgepackt, als unsere Pläne durchkreuzt wurden. Da lag ich faul auf der Veranda, nippte an meinem Morgentee und studierte Broschüren mit Freizeitangeboten. Die Vögel zwitscherten, das Wasser des Ozeans glitzerte verlockend, und die Welt war in Ordnung – als auf dem Liegestuhl mir gegenüber Lloyd, mein Leprechaun-Freund, erschien.

Für einen Leprechaun ist Lloyd ziemlich groß, etwa einen Meter und zwanzig. Heute war er barfuß, trug grüne Shorts (seine Lieblingsfarbe) und ein leuchtendes Hawaii-Hemd voll mit sich bewegenden Fischen und Blumen. Ja, ich sagte »sich bewegend«, denn wie alle Elementargeister ist Lloyd den Menschen in der Kunst des Manifestierens weit voraus. Also schwammen Fische auf seinem Hemd, und Blumen wiegten sich und verströmten den süßen Duft von Frangipani.

»Nun, da du deinen Urlaub hattest, möchte ich dich gerne mit den Menehune und noch einer Gruppe bekanntmachen«, sagte er und faltete die Hände über seinem runden Bauch.

Ich versuchte, meinen Blick von seinem hypnotisierenden Hemd loszureißen und entgegnete: »Moment mal! Keineswegs ›hatte‹ ich meinen Urlaub schon, und ich habe auch nicht vor, in den Ferien zu arbeiten.«

»Wann hast du deine Zeit mit mir jemals als ›Arbeit‹ empfunden?« fragte mein Freund mit hochgezogener linker Augenbraue.

»Okay, aber immer, wenn ich die Ehre habe, deine Freunde zu treffen, willst du, dass ich darüber ein Buch schreibe – und das ist Arbeit«, sagte ich, den Blick unverwandt auf meine Broschüren geheftet.

»Gut, einverstanden«, lachte er. »Auch ich habe vor, hier Urlaub zu machen – plus ein bisschen Lernen –, und ich kann dir eine ganze Menge interessanter Erfahrungen versprechen. Also, was meinst du?«

»Mhm. Vielleicht würde es nicht schaden, wenn du mir ein bisschen mehr erzählst? Die Menehune sind die Elementarwesen (Lloyds Wort für Naturgeister) von Hawaii, nicht wahr?« antwortete ich, gleichmütig an meinem Tee nippend.

»Das sagen die Leute, doch die Sache ist wesentlich vielschichtiger. Außerdem ist es wichtig, keine vorgefassten Konzepte über Menehune zu haben. Die zweite Gruppe, mit der ich dich bekanntmachen möchte, ist etwas ganz Besonderes und sehr mächtig; sie hat nur wenig Kontakt zu Menschen.«

»Wer sind sie?« – Und schon hatte ich den ausgeworfenen Köder geschluckt.

»Nicht so schnell«, antwortete Lloyd, langsam die Leine einholend. »Ich möchte, dass du unvoreingenommen bist, wenn wir auf diese Gruppe treffen.«

»Solange immer noch klar ist, dass ich Ferien mache, hätte ich nichts dagegen, mit dir zu kommen… aber nur, wenn es Spaß macht.« Zarte Ukelele-Musik erklang von Ferne und stimmte mich nachgiebiger.

»Keine Sorge, auch ich kann wirklich Ferien gebrauchen«, versicherte Lloyd – und zog den Fisch an Land.

Mit einem einnehmenden Lächeln beugte er sich vor: »Der einzige Ort, an dem wir mit unserem Ausflug beginnen können, ist das heilige Wailua- Tal. Es ist als der uralte Pfad bekannt, auf dem die Götter zu jenen Menschen kamen, die als erste auf den Inseln Hawaiis siedelten. Wir werden den Wailua River hinaufpaddeln, auch ›Fluss der Träume‹ genannt. – Also dann bis morgen, in aller Frühe.«

Mit diesen Abschiedsworten verschwand mein Leprechaun-Freund und überließ, wie üblich, den ganzen organisatorischen Kram mir. Als ich auf meine Broschüren schaute, lag ganz oben – welch ein Zufall – das Angebot für eine Kajak-Tour auf dem Wailua River. Ich beschloss, diese Tour zu buchen und war mir sicher, dass Simon, leidenschaftlicher Segler und Bootsfahrer, mit Freuden mitkommen würde.

Am nächsten Tag um sieben Uhr, fröstelnd in der frühen Morgenkälte, machten Simon und ich uns auf den Weg zum Fluss. Simon ist vom Typ her der gutgelaunte, großgewachsene Held – so jedenfalls kommt er mir vor, denn ich reiche ihm nur bis zu den Achseln. Am Ufer wurden wir und ein weiteres Paar schon von Paul erwartet, unserem jungen drahtigen Reiseführer mit Dreadlocks, und bald waren wir für unser Abenteuer auf dem Wailua bereit. Simon übernahm das Kommando und gab mir ein Zeichen, vorne im Kajak Platz zu nehmen, während er sich nach hinten setzte, und los ging’s. Da wir am Meer leben und schon oft gemeinsam Kajak gefahren sind, paddelten wir vor dem anderen Paar her, das noch Anweisungen von Paul erhielt.

Schweigend bewegten wir uns durch die diesige Dämmerung und genossen die Ruhe rings um uns her. Als ich den Blick nach oben wandte, sah ich, wie links von uns der Gipfel eines Berges durch den Nebel brach. Der Berg beobachtete unser Vorankommen. Während wir durch das glasklare Wasser glitten, hörte ich nur das Wasser, das von den Paddeln tropfte. Plötzlich erschien Lloyd: Mit überkreuzten Beinen hockte er auf dem Bug unseres Kajaks. Simon, ein eher praktisch veranlagter Mann, mehr an Maschinen und am Segeln interessiert als an Leprechauns, kann Lloyd nicht sehen. Doch glücklicherweise hat er mit mir zusammen genug magische Erlebnisse gehabt, um an Elementargeister und andere »unsichtbare« Wesen glauben zu können.

Lloyd (natürlich paddelte er nicht) saß in königlich aufrechter Haltung da. Verschwunden war sein Hawaii-Hemd, stattdessen trug er seinen besten irischen Sonntagsstaat: eine enge grüne Jacke mit Messingknöpfen, kurze schwarze Hosen, Wollsocken und schwere Clogs. Bächlein von Schweiß liefen über seine rundlichen Wangen. Konzentriert starrte er zum Ufer hinüber, und als ich seinem Blick folgte, sah ich dort eine große Zahl kleiner, schlanker, menschenähnlicher Wesen stehen. Eine Abordnung von Einbäumen stieß sich vom Flussufer ab, und als sie näherkamen, erkannte ich, dass die Ruderer anders waren als alle Elementarwesen, denen ich bisher begegnet war. Hawaiianer hatten mir die Menehune als braunhäutige, zwei bis drei Fuß große kindliche Wesen beschrieben. Diese Wesen hier waren keine Menehune.

Da sie in ihren Einbäumen saßen, war es schwierig, ihre Größe genau zu bestimmen, aber ich schätzte, dass sie ungefähr zwischen einem und eineinhalb Meter groß waren, mit dünnen Armen und Beinen, ein bisschen wie Kobolde. Ihre Haut hatte einen khakiähnlichen Ton, und obwohl sie Nase, Mund und zwei Augen hatten, glich ihr Gesicht doch eher einer Kreuzung von Mensch und Reptil. Sie waren alle männlich, nackt außer einem Lendentuch aus so etwas wie Baumrinde und hatten Leis (hawaiianischen Blumenketten) um den Hals.

Meine Unruhe wuchs, je näher sie kamen und je deutlicher ihre nicht-menschlichen Gesichtszüge wurden. Mühelos bewegten sie ihre Boote durchs Wasser und hatten uns bald erreicht. Der Mann im vordersten Einbaum näherte sich Lloyd und verbeugte sich vor ihm. Als Lloyd mit einer Verbeugung antwortete, streckte das Wesen seine dünnen Arme aus und legte eine Blumenkette um den Hals meines Freundes. Dann zog er sich zurück und die anderen kamen und legten ihre Leis dazu, bis der Leprechaun, überhäuft von Willkommensgirlanden, kaum mehr atmen konnte.

Das erste der männlichen Wesen ergriff die Seite unseres Kajaks und näherte sich mir. Er lächelte, wobei seine spitzen Zähne sichtbar wurden; stocksteif blieb ich sitzen, während er seine Arme ausstreckte und einen vielfarbigen Lei um meinen Hals wand.

Er nannte mich »die Wahine (Frau), die Lloyd begleitet« und sagte: »Wir geben dir Blumen in Regenbogenfarben, weil wir dich als Lehrerin vieler Traditionen ehren.«

»Danke«, murmelte ich, wobei ich versuchte, meine Voreingenommenheit wegen seines Aussehens aus dem Kopf zu bekommen und mein Herz für seine Willkommensgeste zu öffnen.

In höheren Dimensionen kommunizieren die Wesen telepathisch miteinander, also wusste ich, dass er meine ersten Gedanken gehört hatte, aber höflich ignorierte er meine schlechten Manieren. Er deutete auf den Berg: »Schau dir den Mount Wai’ale’ale an, der auf uns herabblickt und uns mit seinem Wasser segnet«, sagte er. »Das ist der Grund, warum wir schon immer in diesem Tal leben. Hier ist auch der Ort, zu dem die ersten Menschen kamen. Lange Zeit lebten wir abseits von ihnen, aber sie kannten uns und wir teilten unser Wissen mit ihnen. Später vermischten sich manche von uns mit den Menschen – doch davon...