Vertriebsstrategien für nachhaltiges Umsatzwachstum - Entwicklung, Umsetzung und Steuerung mit pragmatischen Strategie-Tools

Vertriebsstrategien für nachhaltiges Umsatzwachstum - Entwicklung, Umsetzung und Steuerung mit pragmatischen Strategie-Tools

von: Matthias Schlageter

Schäffer-Poeschel Verlag, 2020

ISBN: 9783791047218 , 143 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 43,99 EUR

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Vertriebsstrategien für nachhaltiges Umsatzwachstum - Entwicklung, Umsetzung und Steuerung mit pragmatischen Strategie-Tools


 

2 Bausteine der Entwicklung einer nachhaltigen und adaptiven Vertriebsstrategie


2.1 Vertriebsstrategische Grundsatzentscheidungen


»Es ist wichtiger, das Richtige zu tun, als etwas richtig zu tun.« – wer kennt dieses berühmte Zitat von Peter F. Drucker nicht? Und doch tun wir uns gerade im Vertrieb manchmal schwer, nicht nur effektiv (»viel hilft viel«) sondern auch effizient (»weniger ist mehr«) zu sein.

Grundvoraussetzung für Effizienz im Vertrieb ist eine professionelle Vertriebsstrategie. Sie schafft insbesondere die Basis dafür, dass die Vertriebsteams keine Zeit in nur vermeintlich interessante Kunden investieren. Denn aus ihr lässt sich ableiten, mit welchen Unternehmen sich eine Kontaktaufnahme lohnt und – vielleicht noch wichtiger vor dem Hintergrund Effektivität vs. Effizienz – mit welchen nicht. Zudem schafft sie Transparenz darüber, ob sich die getroffenen Annahmen zur Bedeutung eines Kunden im Nachhinein bestätigen lassen – entsprechend kann das vertriebliche Vorgehen iterativ nachgeschärft werden. Voraussetzung hierfür ist die Begleitung der Strategie durch einen geschlossenen, integrierten Planungs- und Steuerungs-Zyklus, der in einem späteren Kapitel ausführlich dargestellt wird.

Abb. 2.1: Strategieoptionen nach Porter

Ausgangspunkt für alle vertriebsstrategischen Überlegungen ist die unternehmerische Grundsatzentscheidung, wie sich ein Anbieter mit seinen Produkten oder Dienstleistungen am Markt positionieren möchte. Damit geht gleichzeitig die Positionierung und langfristige Verankerung in der Wahrnehmung potenzieller Kunden einher. Als sehr praktikabel haben sich dabei die von Porter vorgestellten Strategieoptionen erwiesen: Demnach kann sich ein Unternehmen über die Kosten und damit über den Preis, über den gestifteten Nutzen oder durch Verfolgen einer Nischenstrategie von seinen Konkurrenten differenzieren.

In der Vertriebspraxis wird es unabhängig von der Wahl der strategischen Grundausrichtung dennoch oftmals ein Mix aus Nutzenführerschaft einerseits und Kosten- bzw. Preisführerschaft andererseits sein, denn: Nutzenführer sehen sich im Rahmen von Ausschreibungen und Pitches zunehmend harten Preisverhandlungen ausgesetzt. Gleichzeitig müssen die Kosten- und Preisführer in ihren Marketingkampagnen vermehrt mit Nutzenargumenten aufwarten, um Kaufentscheidungen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Mit den Nischenanbietern ist es ähnlich – auch sie müssen in gewissem Maße mit Preisvorteilen locken und/oder mit Nutzenargumenten überzeugen, um am Markt nachhaltig erfolgreich zu sein.

In Zeiten der Digitalisierung von Vertrieb und Marketing hat sich eine weitere Strategieoption herauskristallisiert: die Beziehungsführerschaft. Kern ist die »Integration von persönlicher Interaktion, digitaler Kommunikation und strategischer Markenführung. Dafür müssen Vertrieb und Internet als Instrumente der Markenführung systematisch in ein Gesamtkonzept integriert werden, um die Leistungspotenziale im Rahmen einer Wettbewerbsstrategie der ›Beziehungsführerschaft‹, d. h. des Angebots der ›besten‹ Customer Journey, zu erschließen.« (Binckebanck 2016, S. 277). In diesem Zusammenhang fällt immer häufiger der Begriff Smarketing, der den Prozess des Zusammenwachsens der Bereiche Vertrieb und Marketing umschreibt.

Basis der nachfolgenden Überlegungen ist die Annahme, dass eine Entscheidung pro Nutzenbzw. Beziehungsführerschaft getroffen worden ist, da die beschriebenen Modelle, Vorgehensweisen und Instrumente insbesondere in diesem Umfeld ihr volles Potenzial entfalten können.

Um nun die aus der Unternehmensstrategie abgeleiteten Umsatz- und Ertragsziele in eine nachhaltige Vertriebsstrategie übersetzen zu können, die vom Vertriebsteam gelebt und umgesetzt wird, bedarf es eines strukturierten Vorgehens, das im Folgenden detailliert dargestellt wird.

Dieses Vorgehen besteht im Wesentlichen aus fünf Elementen, die wie in einem Phasenmodell aufeinander aufbauen und sich gegenseitig bedingen:

  • Relevante Kunden segmentieren;
  • Kunden je Segment priorisieren;
  • Segmentspezifische Vertriebsstrategien entwickeln;
  • Segmentstrategien zu einer Gesamtstrategie aggregieren;
  • Strategieumsetzung steuern.

Der erste Durchlauf dieses Modells bildet das Fundament für die Entwicklung einer erfolgreichen Vertriebsstrategie. Werden zudem im Verlauf der Zeit die Erkenntnisse aus der Umsetzung als Lerneffekte immer wieder in die einzelnen Elemente zurückgespielt, kann das Vorgehen seine volle Wirkung entfalten. Durch die Rückschlüsse aus der Anwendung der Instrumente sowie durch die flexible Anpassung der Strategie an sich verändernde Marktbedingungen erwächst aus der einmal festgezurrten Vertriebsstrategie kein in Stein gemeißeltes Monument. Ganz im Gegenteil: Ihre auf diese Weise entwickelte und fortwährend weiterentwickelte Vertriebsstrategie ist die Basis für nachhaltigen Vertriebserfolg. Denn jedwede positive oder negative Veränderung, sei diese intern (Produkte, Dienstleistungen, Ressourcen, …) oder extern (Marktveränderungen, Änderungen politischer Rahmenbedingungen, …) verursacht, lässt sich frühzeitig erkennen und berücksichtigen, um so Schaden abzuwenden oder Chancen zu nutzen.

Abb. 2.2: Elemente und Phasen einer Vertriebsstrategieentwicklung

2.2 Festlegung der relevanten Märkte und Kunden


»Wer ist unser Kunde?« – diese auf den ersten Blick simple Frage muss vom Top-Management ebenso ohne Zögern beantwortet werden können wie von den Kolleginnen und Kollegen im Marketing oder in der Entwicklungsabteilung. Und erst recht von den Mitgliedern der Außen- und Innendienst-Teams.

In der Unternehmenswirklichkeit zeigt sich oftmals folgende Situation: Die Geschäftsleitung befasst sich mit Themen, die weit ab vom Kunden liegen – sei dies auf der Makro- oder gerne auch auf der Mikroebene. Das Marketing-Team gefällt sich in der Multikanal-Verbreitung von Informationen rund um das eigene Unternehmen, die mehr der eigenen Nabelschau als der Darstellung von Lösungsvorschlägen mit konkretem Kundennutzen dienen. Entwicklungsabteilungen reisen oftmals durch ein ganz eigenes Universum, in dem der Kunde, wenn überhaupt, nur ganz am Rande vorkommt – schlimmstenfalls sogar als Störfaktor wahrgenommen wird. Und der Vertrieb geht davon aus, dass er qua Amt mit diesem Wissen, quasi von Natur aus, ausgestattet ist. Leser dieses Buches sind von dieser sicherlich überzeichneten Darstellung selbstverständlich ausgenommen – Sie beschreiten ja gerade den umgekehrten Weg und wollen sich explizit mit Ihren Kunden sowie dem Nutzen, den Ihr Leistungsportfolio diesen Unternehmen stiften kann, aus vertriebsstrategischer Sicht befassen.

So einfach die Eingangsfrage nun auf den ersten Blick klingen mag, so wenig trivial ist ihre Beantwortung offenbar. Machen Sie einfach einmal den Test in Ihrem Unternehmen – Sie werden staunen, wie vielfältig die Antworten ausfallen. Und falls Sie dabei feststellen sollten, dass Sie selbst ebenfalls nicht mit einer eindeutigen Antwort aufwarten können, seien Sie versichert: Sie befinden sich in bester Gesellschaft.

Der Kunde – das unbekannte Wesen?

Die Bedeutung einer eindeutigen und klaren Antwort auf diese offenbar doch nicht so einfache Frage kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Hier werden wesentliche strategische Weichen für nachhaltigen Vertriebs- und Unternehmenserfolg gestellt.

In dieser frühen Phase der Entwicklung einer Vertriebsstrategie kann vieles falsch gemacht werden. Im Umkehrschluss kann an dieser Stelle entsprechend auch ebenso vieles richtig gemacht werden, was dann in den nächsten Schritten der Strategieentwicklung als hervorragende Basis für nachhaltig erfolgreiche vertriebsstrategische Entscheidungen dienen kann.

Wie nähert man sich nun am besten einer in der vertrieblichen Praxis leicht umsetzbaren Festlegung der für das Unternehmen und dessen Leistungsportfolio relevanten Kundengruppe, sprich: dem relevanten Markt?

Zunächst ist Folgendes zu beachten: Wird die Eingangsfrage »Wer ist unser Kunde?« mit einer zu eng gefassten Kundendefinition beantwortet, läuft das Unternehmen Gefahr, wichtige Einflussfaktoren für die Ausrichtung der Vertriebsstrategie außer Acht zu lassen. Ein Beispiel für einen erweiterten Blickwinkel sind die Kunden der eigenen Kunden. Diese sind ein wesentlicher Treiber der Bedürfnisse, Anforderungen und Herausforderungen der direkten Kunden. Denn nur, wer die tatsächlichen (und nicht alleine die geäußerten!) Kundenanforderungen wirklich durchdringt und versteht, macht sich eine zentrale Informationsquelle als Basis für umfassende vertriebsstrategische Überlegungen systematisch...