Wir können es besser - Wie Umweltzerstörung die Corona-Pandemie auslöste und warum ökologische Medizin unsere Rettung ist

Wir können es besser - Wie Umweltzerstörung die Corona-Pandemie auslöste und warum ökologische Medizin unsere Rettung ist

von: Clemens G. Arvay

Quadriga, 2020

ISBN: 9783751701563 , 272 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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Wir können es besser - Wie Umweltzerstörung die Corona-Pandemie auslöste und warum ökologische Medizin unsere Rettung ist


 

Vorwort
von Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Sönnichsen


Seit mehr als einem halben Jahr hat ein Virus die Menschheit fest im Griff: SARS-CoV-2 – oder umgangssprachlich einfach »Corona«. Diese sprachliche Vereinfachung zeigt etwas sehr Wichtiges. Dieses Virus ist nicht so neu, wie es bei all den Schlagzeilen der letzten Monate den Anschein hatte. Coronaviren sind älter als die Menschheit, und die gesamte menschliche Evolution wurde von Coronaviren begleitet, vielleicht sogar hier und dort relevant beeinflusst.

Auch Epidemien mit Coronaviren gab es immer wieder, wahrscheinlich viel mehr, als wir ahnen, weil sie bisher einfach nicht gemessen wurden und sich auch im Zeitalter vor der zunehmenden Globalisierung nicht so schnell über die ganze Welt verbreitet haben. Im Winterhalbjahr 2002/03 fegte die erste dokumentierte Coronavirus-Pandemie über den Globus. Im November 2002 wurden damals die ersten Fälle einer außergewöhnlich ausgeprägten und häufig tödlichen Lungenentzündung dokumentiert, aber erst im März 2003 gelang es, das Virus zu identifizieren. Im darauffolgenden April, also fast ein halbes Jahr nach den ersten Fällen, gab die WHO bekannt, dass SARS – die Kurzform für Severe Acute Respiratory Syndrome – durch ein Coronavirus verursacht sei, und erst im Mai gelang der diesbezügliche Beweis im Tierversuch. Es ist also mehr als fraglich, ob die offiziellen Zahlen von knapp 1000 Toten und 8500 Erkrankten tatsächlich der Realität entsprechen. Es wurde nicht getestet. Es konnte auch gar nicht getestet werden, weil einfach kein Test zur Verfügung stand. Aufgrund fehlender Messungen ist es also vollkommen unbekannt, wie viele Menschen sich damals wirklich infizierten. Ähnlich wie bei SARS-CoV-2 blieb daher auch im Dunkeln, wie viele Infizierte leichtere Verläufe hatten, die unbemerkt blieben.

Potenziell tödliche Coronavirus-Infektionen gab es immer wieder. Im Jahr 2008 wurde über einen Coronavirus-Ausbruch in einem kanadischen Pflegeheim berichtet, währenddessen etwa zehn Prozent der Bewohner verstarben. 2012 brach das Middle East Respiratory Syndrome (MERS) aus, an dem bisher laut Aussagen der WHO etwa 2500 Menschen erkrankt und knapp 900 verstorben sind. Auch hier ist unbekannt, wie hoch die Zahl der Infizierten wirklich ist, weil nie breite Massentestungen durchgeführt wurden. Es sind mindestens vier weitere Coronaviren bekannt, die Menschen infizieren können. Es sind Verwandte von SARS-CoV-1, SARS-CoV-2 und MERS, die zusammen für etwa 30 Prozent der saisonalen Atemwegsinfektionen verantwortlich sind.

Was ist also das Neue an SARS-CoV-2? Hier sind fünf wesentliche Aspekte zu nennen:

  1. Die zunehmend globalisierte Welt mit ihrem immensen Flugverkehr hat zu einer rasanten weltweiten Ausbreitung des Virus geführt.
  2. SARS-CoV-2 ist möglicherweise infektiöser als SARS-CoV-1 (ganz sicher sein können wir uns hier nicht, weil die »Dunkelziffer« von SARS-CoV-1 nie gemessen wurde).
  3. Das Virus konnte sich über von uns selbst geschaffene Strukturen wie menschenunwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen vor allem von Migranten und sozioökonomisch Benachteiligten wie beispielsweise den Arbeitern in norditalienischen Textilfabriken oder Fleischfabriken, etwa der Marke Tönnies, aber auch über »feuchtfröhliche« Massenveranstaltungen wie Fußballspiele, Après-Ski-Partys und Karnevalsfeiern ungehindert ausbreiten.
  4. Bereits wenige Wochen nach den ersten Fällen war das Virus entdeckt und über einen PCR-Test messbar gemacht worden, und die Anzahl der Fälle schnellte durch breite Massentestungen in die Höhe.
  5. Die Erkrankungs- und Todesfallzahlen wurden sensationsheischend kumulativ und ohne Bezug zu Bevölkerungszahlen wiedergegeben. Man stelle sich vor, Herzinfarkt-Tote würden ab sofort kumulativ gezählt, man würde aber die Registrierung der Herzinfarkte nicht überall gleichzeitig beginnen, sondern ausgehend von einer einzelnen Stadt die Zählung allmählich auf das ganze Land und dann die Erde ausdehnen. Das Ergebnis wäre eine Kurve mit exponentiellem Verlauf, sehr ähnlich, wie sie uns für SARS-CoV-2 täglich präsentiert wurde. Das Gleiche gilt für die klassische Grippe (Influenza), aber auch für schwere Lungenentzündungen durch Pneumokokken, Chlamydien, Mykoplasmen und zahlreiche andere Erreger, an denen geschätzt allein in Deutschland jedes Jahr Zigtausende Menschen versterben. Weltweit sind es mehrere Millionen. Die genauen Zahlen und Ursachen dieser Mortalität werden in diesem Buch vom Autor noch ausführlich dargelegt. Es ist im Interesse der öffentlichen Gesundheit sehr wichtig, durch diese Angaben eine Verhältnismäßigkeit der Corona-Zahlen herzustellen und nicht nur auf SARS-CoV-2 zu blicken.

Alle diese Zahlen sind zunächst Absolutzahlen ohne Bezug zur Bevölkerungszahl und daher für Vergleiche ungeeignet. Todesfälle sollten zur Herstellung der Vergleichbarkeit immer auf eine bestimmte Anzahl von Personen in der Bevölkerung und auf einen bestimmten Zeitraum bezogen werden, beispielsweise auf 100 000 Einwohner. Das heißt zum Beispiel: jährlich geschätzt ungefähr 40 Tote auf 100 000 Einwohner pro Jahr durch Lungenentzündungen in Deutschland. In der Grippe-Saison 2017/18 starben in Deutschland nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts 30 Menschen pro 100 000 Einwohner an oder mit Influenza. Mit Stand vom August 2020 starben durch SARS-CoV-2 11 Menschen pro 100 000. An den Folgen des Rauchens versterben jedes Jahr ca. 150 pro 100 000 Einwohner. Dieses Buch wird sich ausführlich beispielsweise mit der hohen Mortalität durch Luftverschmutzung befassen, auf die Mediziner und Umweltwissenschaftler seit vielen Jahren warnend hinweisen. Der Autor macht deutlich, dass auch die Häufung von schweren Infektionsverläufen in den COVID-19-Hotspots nachweislich auf Umweltbelastungen zurückgehen und die mögliche Überlastung dortiger Gesundheitssysteme schon vor Corona vorausgesagt wurde.

Im Vergleich zu vielen anderen Todesarten machen die Toten durch COVID-19 einen verhältnismäßig geringen Anteil aus. Dies soll die Erkrankung nicht verharmlosen – natürlich sollte alles unternommen werden, um Menschenleben zu retten –, das gilt aber nicht nur für COVID-19! Unser Bemühen sollte sein, durch geeignete Hygienemaßnahmen auch andere Infektionskrankheiten wie die bakteriellen Pneumonien und die jährliche Influenza einzudämmen. Es lassen sich aber durch geeignete Maßnahmen nicht nur Infektionskrankheiten und dadurch bedingte Todesfälle verhindern. Wir können aus Corona für viele andere Gesundheitsbedrohungen lernen! Mit diesem Lernpotenzial befasst sich das vorliegende Buch ausführlich.

Für die Gesamteinschätzung der Gefährlichkeit einer Erkrankung ist es jedenfalls wichtig, Risiken verhältnismäßig einzuschätzen, um dann auch verhältnismäßig zu reagieren und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um Schaden von der Bevölkerung abzuwenden. Vor allem sollte es nicht passieren, dass die Maßnahmen der Schadensabwendung mehr Schaden anrichten, als sie verhüten, wie dies für die Corona-Krise schon mit ziemlicher Sicherheit vorhergesagt werden kann.

Es ist unmöglich, wirtschaftlichen Schaden von gesundheitlichem Schaden zu trennen. Der Lockdown hat weltweit immensen wirtschaftlichen Schaden angerichtet, mit schweren und langfristigen gesundheitlichen Folgeschäden sowohl für unsere eigene Bevölkerung als auch in noch weit größerem Ausmaß für andere Weltregionen. Zu den »üblichen« fünf oder sechs Millionen an Hunger versterbenden Kindern werden in diesem Jahr noch viele hinzukommen. Auch bei Todesfällen durch Malaria oder Tuberkulose wird mit einem dramatischen Anstieg aufgrund des teilweisen Ausfalls von Vorsorgeuntersuchungen und Gegenmaßnahmen gerechnet, der durch die übermäßige Fixierung ganzer Gesundheitssysteme auf SARS-CoV-2 verursacht wurde. Die in Teilen Europas messbare Übersterblichkeit ist wahrscheinlich nicht nur auf die Corona-Toten zurückzuführen, sondern auch auf die fehlende Gesundheitsversorgung anderer Erkrankter.

So reicht die Corona-Krise für die Menschheit bedeutend weiter, als es den Anschein hat, wenn man nur auf die Corona-Toten und die Infektionszahlen blickt. Genau diesen erweiterten Blick wagt Clemens Arvay. Er stellt die Corona-Krise in den Kontext der viel größeren globalen Krise, in der wir uns seit Jahren befinden und in die wir als Menschheit immer tiefer hineingleiten, während wir Bewohner der Industrieländer weiter in unbekümmertem Luxus leben und unser Wirtschaftssystem auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist. Wir sind dabei, unseren Planeten zu zerstören, und das hat dramatische Folgen für die Gesundheit der Menschheit. Jedes Jahr werden über 150 000 Quadratkilometer Regenwald vernichtet, um Palmöl für unseren Luxus und Soja als Tierfutter für unseren übermäßigen Fleischkonsum zu gewinnen. Etwa 36 Milliarden Tonnen Kohlendioxid muten wir jedes Jahr unserer Atmosphäre zu, und es gibt immer noch Menschen, welche die darauf zurückzuführenden Klimaveränderungen und deren Folgen leugnen. In diesem Buch wird der Klimawandel in einem größeren Kontext des »Umweltwandels« behandelt, der nicht nur das Klima, sondern auch die Biodiversität betrifft, die unser größter Schutz vor drohenden Epidemien und Pandemien ist. Es wird deutlich, dass die Corona-Pandemie schon in ihrem Ursprung eine »Biodiversitäts-Krise« ist.

Clemens Arvay stellt in diesem Buch nicht nur hervorragend recherchiert und durch Quellen und Zahlen belegt den Zusammenhang zwischen den globalen ökologischen Veränderungen und der Corona-Krise her, sondern er zeigt auch den Ausweg, den wir nehmen müssen, um zukünftigen Pandemien zu...