Naxos Reiseführer Michael Müller Verlag - Individuell reisen mit vielen praktischen Tipps

Naxos Reiseführer Michael Müller Verlag - Individuell reisen mit vielen praktischen Tipps

von: Dirk Schönrock

Michael Müller Verlag, 2020

ISBN: 9783956549014 , 312 Seiten

8. Auflage

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 14,99 EUR

eBook anfordern eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Naxos Reiseführer Michael Müller Verlag - Individuell reisen mit vielen praktischen Tipps


 

Stadtbummel
Rasch weg vom Trubel am Hafen! Den Hauch großer Zeiten spürt, wer die Gäss­chen zum Kástro, dem Burgviertel, hinaufsteigt. Die zahl­losen Gassen und Passa­gen der Altstadt sind oft noch mit ural­ten Holzbalkendecken über­dacht. Ein wahres Labyrinth, in dem man durchaus mal die Orientierung verlieren kann.

Blick vom Tempeltor auf die venezianisch-kykladische Stadt Náxos

Vor der Altstadt verläuft die Paralía, die lange, elegant geschwungene und mit ech­tem Náxos-Marmor gepflasterte Ha­fenpromenade. Von Mitte Juni bis Ende Sep­tem­ber wird sie abends für allen Au­to- und Zweiradverkehr ge­sperrt, wo­durch ihre fröh­lich-quirlige At­mo­sphä­re erst richtig zur Geltung kommt: mo­der­ne Open-Air-Ta­vernen und tra­di­tio­nelle Ouzerien, schicke Cafés und Loun­ge-Bars, Shops, spie­len­de Kin­der, fla­nie­rende Touristen, flippige und tan­zende Jugendliche ...
Glücklicherweise sind die Be­gleiter­scheinungen des modernen Tou­ris­mus auf Náxos noch immer deutlich niedri­ger dosiert als auf den Nach­bar­in­seln Mý­konos oder San­to­ríni. In der Stadt ist viel Ur­sprüng­liches und Au­then­ti­sches zu ent­de­cken, vom Krämerladen über alte Bä­cke­reien mit Holz­öfen, von tra­di­ti­o­nell ge­bliebenen Cafés bis hin zu Ta­vernen, die bis heute echte In­sel­küche anbieten. Außerdem finden sich in Náxos-Stadt zahlreiche interes­sante Mu­seen mit archäologischen, by­zan­ti­ni­schen, religiösen und volks­kund­li­chen Kulturgütern.
Sehenswertes im Kástro
Der obere, innere Burgbereich. Viele der prächtigen veneziani­schen Häuser sind restauriert, fein ziselierte Reliefs über den Türen und eingemei­ßel­te Wappen künden vom einstigen Reichtum der Be­wohner. Nur noch wenige Menschen woh­nen heute in den Häu­sern, in de­nen einst mächtige venezianische Fa­mi­lien ihr Domizil hatten. In den letz­ten Jah­ren sind neben Museen auch Sou­venir- und Kunsthandwerksläden ein­ge­zogen und beleben die erhabene Stimmung. Wäh­rend der Siesta stille, fast men­schen­leere Gassen.
Das Kástro von Náxos ist die einzige venezianische Burg außerhalb Italiens, die bis heu­te unzerstört ist - es gilt als eines der wenigen vollständig erhalte­nen Ensembles einer mittelalterlichen Stadt in Griechenland. Die Venezianer er­richteten hier im 12. Jh. einen fünf­eckigen Festungsbezirk mit starker Mau­er, zwölf Türmen und drei Toren. Die ver­mutlich vorhandene altgriechi­sche Akró­polis und ein späteres byzan­ti­ni­sches Kastell wurden dabei zerstört. Auf die Spitze des Hü­gels setzten die Er­obe­rer die Symbole der weltlichen und kir­ch­li­chen Macht - den zentralen Turm der Anlage (Palast des Sanoúdo), eine katholische Kathedrale so­wie Kir­chen, Klöster und den Sitz des Erzbi­schofs (Katholikí Archiepiscopí) nebst ka­tho­li­schem Gemeindehaus (Pnevma­tikó Kén­tro). Hier zeigt sich das Be­stre­ben der Venezianer, ihre Konfession und da­mit die westliche Kultur auf den Ky­k­la­den durchzusetzen. Bis heute lebt in Náxos die größte katholische Minder­heit auf den Kykladen. Sie um­fasst der­zeit rund 500 Personen.
Ins Innere des Kástros gelangt man durch die beiden Burgtore mit ihren cha­rak­te­ris­ti­schen Spitzbögen: das Tra­ní Pór­ta, das Nordtor 23 mit alter Holz­bal­ken­decke, war ein Geheimtor, das einst nur vom Adel benutzt werden durf­te. An dem nach au­ßen gerichteten Tor­pfosten findet sich eine rund 1 m lange Einkerbung, die im Mittelalter von den Händlern als naxiotisches Norm-Län­gen­maß verwendet wur­de. Die Händ­ler be­nutzten diese Maßein­kerbung, durf­ten aber nicht durch das Tor eintreten. Als Normmaß für Ge­wichte wurden üb­ri­gens die relativ ein­heit­li­chen Sa­men der Frucht des Johan­nisbrotbaums ver­wen­det: Ein Samen­korn ent­spricht et­wa einem Karat (rund 0,2 Gramm). Ne­ben dem Nordtor steht der Críspi-Glé­zos-Turm 26, der ein­zige erhaltene Rund­turm der ehe­mals 12 Türme der Fes­tung. Das Südtor Parapórti 24 steht oberhalb der Platía Pradoúna mit ihrer fantasti­schen Aus­sichts­lage. Im Jahr 1694 wur­de das ge­samte Areal renoviert und in seinem Wehr­cha­rak­ter ausgebaut, wie ein mar­mornes Siegel im Hauptsaal be­weist. Daneben ist das Kás­tro auch durchs Osttor Písso Parapórti 25 zu erreichen.
Der einstige Hauptsitz der Adels­fa­mi­lie Della-Rocca-Barózzi befin­det sich rechts des Nordtors, wo das (derzeit leider geschlossene) Do­mus-Della-Roc­ca-Ba­rózzi-Museum 2 un­tergebracht ist. Im Críspi-Turm ge­genüber befindet sich ei­ne Sammlung by­zan­ti­ni­scher Al­ter­tü­mer 27 (derzeit wegen Renovierung ge­schlossen). Mes­sungen ergaben, dass die Außenmau­ern des Kástros an ih­rer Ba­sis bis zu 6 m dick sind und sich nach oben auf bis zu 1,65 m ver­jün­gen. Als Baumate­rial dienten Granit und Mar­mor. Fast die gesamte Kástro-An­la­ge wur­de drei­stöckig angelegt. Überall in den Gassen des Kástros sind ve­ne­zia­ni­sche Wap­pen in die Mauern der Häuser graviert. Dieselben Wappen fin­det sich auch in etlichen Kirchen des Kástros. Einstmals wohnten rund 400 Men­schen im in­ne­ren Kástro-Bezirk.
Wer nicht nach oben laufen kann oder möch­te, benutzt den (rollstuhlgeeigneten) Lift. Ein­gang unten von der Südwestseite neben der Klos­ter­kirche Agía Kyriakí, Ausgang oben im Ca­fé 1739. Tgl. 10-14 Uhr, zusätzlich Juni/Sep­tem­ber 19-22 Uhr, Juli/August 19-23 Uhr. Ein­fach 0,50 €.
Paláti Sanoúdos 5: Der Palast des Sa­noúdo, Rest des zentralen Wohn- und Fluchtturms der Burg, steht an dem klei­nen Platz am höchsten Punkt des Kástros. Benannt ist er nach Marco Sa­nudo, im 13. Jh. Gründer des veneziani­schen Herzogtums Náxos (→ Ka­pitel Ge­schichte). Damals war das mächtige Bauwerk noch wesentlich höher. Eine Be­sich­ti­gung ist leider nicht möglich.
Katholikí Mitrópoli Ypapantí 1: Gleich benachbart zum Sanoúdos-Palast fin­det man die römisch-katholische Ka­thedrale Ypapantí (Mariä Lichtmess), ei­ne Ba­rock­kir­che mit Marmorfassade. Sie wurde Anfang des 13. Jh. mit drei Seitenschif­fen und einer Kuppel errich­tet. Bis 1536 wurden zwei weitere Sei­ten­schiffe angebaut, so bekam sie ihr heu­tiges Aussehen mit fünf Seiten­schif­fen und drei Kuppeln. Im säu­len­getra­genen Innenraum sind Grabplat­ten ve­ne­zia­ni­scher Fa­milien in den Bo­den ein­ge­las­sen. Früher waren es deut­lich mehr - ein Was­serein­bruch 1915 zer­stör­te viele Grüf­te und Gräber. Die Gestaltung des In­nen­raums folgt den römisch-ka­tho­li­schen Regeln, nicht den orthodoxen. Am Altar zeigt ein Bildnis aus dem 14. Jh. Maria in ganzer Gestalt; in der or­tho­doxen Ikonen­kunst findet man sol­che Dar­stel­lun­gen nur sehr selten, Ein­flüs­se italienischer Tafel­malerei wer­den hier sicht­bar. Hin­ter dem Altar ho­he, gold­verzierte Mar­mor­säulen und En­gels­dar­stel­lun­gen.
Messe: So 10 Uhr (in griechischer Sprache) und 19.30 Uhr (in Italienisch), Mo-Sa wech­seln­de Zeiten, zu erfragen beim Priester Geór­gios Palamáris, Tel. 22850-22470, dongeo­pal@gmail.com. Besichtigung: Mo-Sa 9.30-15 und 18.30-20.30 Uhr (nur während der Sai­son).
Naxiotischer Hochadel: die Familie Della-Rocca-Barózzi
Das Kástro von Náxos wird noch heute von den Nachfahren der Adelsfami­lie bewohnt, allerdings nicht in der direkten Linie des Marco Sanoúdo. Die Fa­milie ist französischen Ursprungs („de la Ro­che“) und stammt von einem Zweig der Grafen von Burgund ab. Marco Sanoúdo, der Gründer des vene­zia­nischen Herzogtums Náxos, wurde 1153 geboren und kam mit 53 Jah­ren 1207 während des vierten Kreuzzugs (1203-1207) nach Náxos. 1220 starb er mit 67 Jahren. Der letzte Nachkomme der Sanoúdos, Nikólas, wurde 1380 von der Familie der Crispis ermordet. Er liegt in der Klos­terkir­che Ágios Sté­fa­nos Fráro in Angídia begraben. Später kam in Náxos die franzö­sisch-stäm­mi­ge Familie de la Roche an die Macht, deren Namen sich von de la Roche zu Della-Rocca und heute in Dellaróka wandelte.
Privatkapelle des Marco Sanoúdo 9: ne­ben dem Eingang zum Archäologi­schen Mu­seum. Die Kapelle des Grün­ders des venezianischen Herzogtums Náxos kann besichtigt werden; in sei­nen Ursprüngen ist es ein rö­misch-ka­tholisches, gotisches Gotteshaus aus dem 13. Jh., wie man es in Griechen­land nur sel­ten findet. Die Kapelle ist der hei­li­gen Maria geweiht und zeigt ei­nige der schöns­ten Mariendarstellun­gen auf Ná­xos. Ganz vorne ein goldver­zierter, präch­ti­ger Marmoraltar mit ei­nem gro­ßen Mariengemälde und einem Kup­pel­dach. In den Bögen rechts und links finden sich weitere prächtige Al­täre. Links die große Kan­zel, rechter Hand ein mar­mor­nes...