Ratgeber Schlaganfall - Behandlung, Rehabilitation, Vorbeugung. Zertifiziert von der Stiftung Gesundheit

Ratgeber Schlaganfall - Behandlung, Rehabilitation, Vorbeugung. Zertifiziert von der Stiftung Gesundheit

von: Dr. Eberhard J. Wormer

Humboldt, 2020

ISBN: 9783842629035 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 18,99 EUR

eBook anfordern eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Ratgeber Schlaganfall - Behandlung, Rehabilitation, Vorbeugung. Zertifiziert von der Stiftung Gesundheit


 

DER SCHLAGANFALL – ERSTE HILFE


Ein Schlaganfall ereignet sich auf den ersten Blick urplötzlich. So erleben es viele Betroffene – eine Katastrophe, die in unserem wichtigsten Organsystem stattfindet: im Gehirn. In diesem Kapitel erfahren Sie zunächst, wie Sie einen Schlaganfall erkennen und was Sie tun müssen, um schnell Hilfe zu erhalten oder zu geben. Ein Blick in unser Gehirn und seine Funktionen verdeutlicht, was ein Schlaganfall überhaupt ist und wie man ihm in der modernen Medizin auf die Spur kommt.

Ein Blitz aus heiterem Himmel?


Der Schlaganfall ist das Endergebnis einer unterbrochenen Blutversorgung im Gehirn. Die Ursachen sind durchaus verschieden. Wird das Gehirn nicht über das Blut mit ausreichend Sauerstoff versorgt, droht Nervengewebe abzusterben. Die Anzeichen sind eindeutig: Die Kaffeetasse fällt aus der Hand, der Mundwinkel hängt, man kann nicht mehr richtig sprechen und sehen oder sinkt bewusstlos zu Boden. Diagnose: Infarkt im Gehirn, Schlaganfall. Ab jetzt läuft die Zeit, es ist eine Sache von Sekunden und Minuten.

Wer seine Gesundheit im Auge behält, muss den Schlaganfall nicht fürchten.

Stopp: Unvermutet wie vom Blitz niedergestreckt? Wirklich unvermutet? Jede Katastrophe hat eine Vorgeschichte. Auch Vulkanausbrüche, Erdbeben, Überschwemmungen, Lawinen oder schwere Gewitterstürme kommen keineswegs aus heiterem Himmel: Es gibt immer Vorzeichen und Warnhinweise, die man lesen und vor allem beachten kann, um sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Ignorieren Sie nicht die pechschwarzen Wolken, die sich am Himmel zusammengebraut haben!

In der Regel steigt das Risiko für katastrophale Ereignisse über längere Zeiträume stetig an. Das gilt auch für den Schlaganfall. Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, hohe Cholesterin- und Homocysteinwerte, Herzrhythmusstörungen und Arteriosklerose entwickeln sich nicht über Nacht, sondern über Jahre und Jahrzehnte. Sie sind „gute“ Voraussetzungen dafür, dass Blutgefäße, die das Gehirn mit Sauerstoff und Energie versorgen, enger werden, verstopfen oder einreißen.

Die gute Nachricht: Sie müssen nicht tatenlos zusehen! Sie können selbst sehr viel dafür tun, dass es nicht zum Super-GAU im Gehirn kommt. Der Schlaganfall ist kein unabwendbares Ereignis – kein Blitz aus heiterem Himmel. Nehmen Sie Ihr Schicksal selbst in die Hand, übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre Gesundheit!

Sogar dann, wenn Sie von einem Schlaganfall heimgesucht wurden, können Sie darauf hoffen, wieder zu einem Leben ohne größere Behinderung zurückzukehren. Wir profitieren alle von den Fortschritten der Medizin in den letzten Jahrzehnten, von wirksamer Vorbeugung, verbesserter Diagnostik, Therapie und Rehabilitation, und das gilt auch für Schlaganfälle: In vielen Fällen gelingt die Rehabilitation und die Rückkehr zur vorher gewohnten Lebensqualität.

Wen trifft es?


Kurz gesagt: Es kann jeden treffen – je nachdem wie hoch das individuelle Risiko ausgeprägt ist. Tatsächlich ist der Schlaganfall zur Volkskrankheit geworden, in Deutschland und anderswo. In den USA belegen Schlaganfälle Platz fünf der häufigsten Todesursachen. Schätzungsweise treten hierzulande 270.000 neue Schlaganfälle pro Jahr auf. Ursache ist weit überwiegend ein Hirninfarkt durch die Unterbrechung der Blutzufuhr im Gehirn (ischämischer Schlaganfall). Innerhalb eines Jahres stirbt daran jeder dritte bis fünfte Betroffene. 2015 waren es insgesamt 57.000 – mehr als alle Sterbefälle durch Lungenkrebs.

Unter den Schlaganfallopfern sind vergleichbar viele Männer und Frauen. Mit dem Lebensalter steigt das Risiko sprunghaft an. Die Hälfte aller Schlaganfälle betrifft über 75-Jährige. Bei allen über 60-Jährigen sind es insgesamt sogar 80 Prozent. Leider ist der ungesunde Lebensstil nach wie vor weit verbreitet, und es ist viel zu wenig bekannt, wie man sich vor Schlaganfällen schützt. Deshalb fällt die Bestandsaufnahme der Epidemiologen beunruhigend aus: Jeder dritte Betroffene muss mit einer mittel- bis hochgradigen Behinderung rechnen. Zwei Drittel derjenigen Patienten, die das erste Jahr überleben, sind auf fremde Hilfe angewiesen. Mindestens jeder Zehnte muss in einem Pflegeheim versorgt werden.

Unter den Schlaganfallopfern sind vergleichbar viele Männer und Frauen.

Weltweit ist der Schlaganfall die häufigste Ursache von Behinderung. Da die Lebenserwartung in Industriestaaten ansteigt, muss man davon ausgehen, dass Schlaganfälle in Zukunft noch häufiger auftreten werden.

Einen Schlaganfall erkennen


Sie sollten zuallererst wissen, wie man einen Schlaganfall erkennt. Sie müssen kein Arzt sein, um einen Verdachtsfall zu identifizieren.

Gib GAS! … und zwar FAST!


Bei einer Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr im Gehirn zählt jede Minute: Time is brain, so bringen es Neurologen auf den Punkt, Hirn ist Zeit: Je schneller man beim Schlaganfall Hilfe bekommt, desto besser sind die Chancen, Hirnfunktionen und sogar das Leben zu retten.

Wie kann man einen Verdacht auf Schlaganfall prüfen? Das ist sehr einfach. Sie müssen kein Arzt sein, es gelingt jedem Laien: Mit einfachen Tests lassen sich auffällige Symptome rasch erkennen. Es gibt zwei Versionen desselben Schlaganfalltests: Gib GAS!, und das FAST – auf Deutsch: Tempo machen!

Verdacht auf Schlaganfall? Sofort handeln!

Wenn Sie eine der nachfolgenden Erscheinungen bei sich selbst oder anderen bemerken, steht der Schlaganfallverdacht im Raum. TV-Doktor Eckart von Hirschhausen hat sich folgenden Slogan ausgedacht: Gib GAS!

G = GESICHT Schauen Sie dem Betroffenen ins Gesicht: Hängt ein Mundwinkel? Sieht das Auge/Gesicht seltsam aus? Wirkt die Mimik merkwürdig verzerrt?
A = ARME Lassen Sie den Betroffenen die Arme anheben. Hängt ein Arm nach unten? Kann ein Arm kaum oder gar nicht angehoben werden?
S = SPRACHE Fordern Sie den Betroffenen auf, seinen Namen oder seine Adresse auszusprechen. Spricht er „komisch“, verwaschen, undeutlich?

Trifft schon ein Kriterium zu, gibt es nur eine Entscheidung: Gas geben, keine Zeit verlieren, Notruf 112!

Weit verbreitet ist auch der FAST-Test:

F = FACE = GESICHT Schauen Sie dem Betroffenen ins Gesicht: Hängt ein Mundwinkel? Sieht das Auge/Gesicht seltsam aus? Wirkt die Mimik merkwürdig verzerrt?
A = ARMS = ARME Lassen Sie den Betroffenen beide Arme anheben. Hängt ein Arm nach unten? Kann ein Arm kaum oder gar nicht angehoben werden?
S = SPEECH = SPRACHE Fordern Sie den Betroffenen auf, seinen Namen oder seine Adresse auszusprechen. Spricht er „komisch“, verwaschen, undeutlich, undeutlich?
T = TIME = ZEIT Sie haben den Verdacht, dass ein Schlaganfall vorliegt. Sie rufen sofort Hilfe: 112. Rufen Sie NICHT Ihren Hausarzt an, das kostet wertvolle Zeit. Jede Minute zählt!

Trifft schon ein Kriterium zu, gibt es nur eine Entscheidung: Gas geben, keine Zeit verlieren: Notruf 112!

Sofortmaßnahmen


Jeder Verdacht auf einen Schlaganfall ist ein Notfall! Nur im Krankenhaus lässt sich der Schlaganfall sicher diagnostizieren. Nur dort kann die Ursache festgestellt und die richtige Behandlung sofort eingeleitet werden.

 

Der GAS- bzw. FAST-Test gibt Hinweise auf einen Schlaganfall: Sie wählen den Notruf 112.

Sie berichten dem Notarzt über Ihren Verdacht und die beobachteten Symptome.

Sie notieren den Zeitpunkt, an dem die Symptome eingesetzt haben.

Sie notieren die beobachteten Symptome.

Sie notieren die Medikamente, die der Betroffene einnimmt (bei Angehörigen).

Sie achten darauf, dass der Betroffene weder isst noch trinkt. Der Schluckreflex könnte gestört sein (Erstickungsgefahr!).

Sie öffnen oder entfernen beengende Kleidungsstücke.

Sie achten auf freie Atemwege und entfernen gegebenenfalls Zahnprothesen.

Sie bringen eine bewusstlose Person in die stabile Seitenlage.

Sie kontrollieren die Atmung und den Puls (am Handgelenk). Kommt es zum Herz-Kreislauf-Stillstand, starten Sie sofort mit der Herzdruckmassage.

Sie sprechen Umstehende/Passanten direkt an und bitten um Hilfe.

Wie geht es weiter?


In der Erstversorgung von Schlaganfallpatienten gab es in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte. Da Schlaganfälle so häufig vorkommen, hat man in Deutschland und anderen Ländern Spezialstationen in Kliniken für akute Schlaganfälle...