KLICK: Sichtweise bei Rheuma ändern, Lebensqualität zurückgewinnen - Finde deinen Weg zu eigenverantwortlichem Umgang mit Rheuma und deiner persönlichen Bewältigungsstrategie.

KLICK: Sichtweise bei Rheuma ändern, Lebensqualität zurückgewinnen - Finde deinen Weg zu eigenverantwortlichem Umgang mit Rheuma und deiner persönlichen Bewältigungsstrategie.

von: Daniela Kunz

kivani. Verlag und Medien, 2021

ISBN: 9783000687143 , 230 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 4,99 EUR

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PROLOG


Mit Anfang 20 konnte ich eines Morgens einfach nicht mehr aufstehen. Meine Gelenke waren wie versteift, meine Hände angeschwollen und jede Berührung war mehr als schmerzhaft. Am Abend vorher war davon noch nichts zu sehen gewesen. Auch in meiner Familie hatte niemand etwas mit Rheuma am Hut. Als die Diagnose endlich feststand, war sie aber letztendlich kein Schock für mich. Ehrlich gesagt war ich einfach nur froh darüber, überhaupt eine Antwort zu bekommen. Zwei Ärzte (auf deren Termine ich jeweils fast 9 Monate warten musste) hatten mich bereits mit Schulterzucken und teilnahmslosem Blick einfach wieder nach Hause geschickt. Unter anderem, weil mein Blut keine Rheumafaktoren aufwies. „Ach – Sie sind noch so jung!“ Ja, das war ich. Und umso schlimmer empfand ich den Umstand, dass meine Schmerzen nicht ernst genommen wurden. Ich erfuhr, dass es auch so etwas wie „seronegative Polyarthritis“ gibt. Also eine rheumatische Erkrankung, die man nicht im Blut nachweisen kann. Aber selbst eine Ausschlussdiagnose erschien mir besser, als keine Diagnose. Ab jetzt würde alles besser. Davon war ich überzeugt!

Mein Einstiegsmedikament war MTX. Und ich habe es so gehasst! Ich fragte den Arzt, ob es keine Alternative gäbe. Er verneinte. Das Ganze hatte so etwas von einer Friss-oder-Stirb-Manier (auch wenn die Formulierung an dieser Stelle gegebenenfalls etwas ungünstig gewählt ist…). Rückblickend muss ich sagen, dass man mich einfach nicht abgeholt, mir meine Angst nicht genommen und mich eigentlich… ja, doch: Allein gelassen hat. Ich war verunsichert – sollte ich mir wirklich ein Medikament spritzen, dessen Wirkstoffe auch in der Krebstherapie Einsatz finden? Sollte ich wirklich all die Nebenwirkungen in Kauf nehmen? Die Auswirkungen auf eine womögliche Schwangerschaft in der Zukunft akzeptieren? Aber der „Gott in Weiß“ hatte gesprochen und ich war müde. Ich hatte keine Lust mehr, von einer Warteschleife in die nächste zu rutschen, monatelang auf einen Termin zu warten – um dann in zwei Minuten abgefrühstückt zu werden. Ich wollte handeln. Und ich wollte, dass es mir besser geht. Eigentlich war ich an einem Punkt, an dem mir egal war, was ich tun muss. Hauptsache ich konnte etwas tun. Also stimmte ich der MTX Therapie zu.

Die Spritzen an sich vertrug ich relativ gut. Ich spritzte mich ein Mal in der Woche kurz vor dem Schlafen gehen. So – das hatte ich gelesen – verschläft man quasi die Nebenwirkungen. Ich hatte allerdings meine Psyche unterschätzt. So sehr ich auch darauf gewartet hatte, endlich etwas gegen diese schlimmen Schmerzen unternehmen zu können, so sehr fühlte sich der Weg, den man mir zeigte, falsch an. Ich konnte mich nicht auf das Medikament einlassen und alles in mir sträubte sich gegen dieses (in meinen Augen) „gelbe Gift“.

Bereits nach ein paar Wochen entwickelte ich eine tiefe Abneigung gegen den gelben Farbton der Spritzenflüssigkeit. Ich kann gar nicht beschreiben, wie es sich anfühlt, wenn sich durch den bloßen Anblick einer Farbe der Magen umdreht. Ganz ehrlich – das ist schon ein wenig beängstigend! Durch diese grundlegende Aversion gab ich dem Medikament keine Chance. Ich lehnte eine weitere Behandlung mit MTX ab. Und weil es mir unangenehm war, das zuzugeben, setzte ich die Medikation auf eigene Faust und ohne weitere Rücksprache ab. Nicht der cleverste Schachzug – aber ich vertraute meinem Arzt nicht genug, um meine Situation anzusprechen. Es war mir auch irgendwie peinlich. Und unangenehm. Und ich wollte mich keinen Diskussionen aussetzen. Weder mit einem Arzt, noch der Familie. Also behielt ich mein Vorgehen für mich.

Meine Schmerzen wurden in der Folge immer schlimmer. An manchen Tagen konnte ich mich kaum noch bewegen. Also pumpte ich mich mit Schmerzmitteln voll. Zwei Ibus mit Kaffee und Cortison waren mein Frühstück. Spätestens am Mittag gab es die zweite Ladung Ibuprofen, wollte ich abends ausgehen, ging das niemals ohne eine dritte. Meine Hände verformten sich. Meine Ellenbogen versteiften nach und nach. An manchen Tagen konnte ich fast nicht stehen – geschweige denn gehen – weil die Entzündungen und Schwellungen in Knien und Fußgelenken so massiv waren, dass jede Belastung (und Entlastung) wahnsinnig schmerzte.

Kurz gesagt: Ich ließ mich so richtig hängen. Nicht nach außen – da war ich immer die Starke, die ihr Rheuma stoisch erträgt und weglächelt. Trotzdem immer weiter macht. Aber eigentlich hatte ich mich der Situation ergeben. Ein für mich vollkommen untypisches Verhalten: Ich suhlte mich innerlich in Selbstmitleid. Redete mir ein, dass mir nichts anderes übrig bliebe, als die Schmerzen zu akzeptieren. Ich beschritt den Weg des geringsten Widerstands und fühlte mich eigentlich ganz wohl dabei. Weil ich mir einredete, dass ich ja eh nichts ändern könnte. Dabei wusste ich sehr wohl, dass von Nichts nun mal auch Nichts kommt. Nichts kommen kann.

Es ist nur so: Eine rheumatische Erkrankung kostet so unglaublich viel Kraft! Dinge, die dir immer leicht gefallen sind, erscheinen plötzlich unmöglich! Sei es, den verdammten Deckel der Tupper®-Dose aus der hintersten Ecke im unteren Küchenschrank zu kramen oder Geldstücke aufzuheben, die aus dem Geldbeutel gefallen sind. Eine Flasche Wasser wird aufgrund fehlender Griffkraft zum unüberwindbaren Hindernis und eine Dose Ravioli mit Dosenöffnergriff bleibt für alle Zeiten ungeöffnet. All diese kleinen Dinge sind Energiefresser und du befindest dich, ohne dass du es kommen siehst, in einer Spirale, die sich immer schneller dreht. Allerdings nicht zu deinem Vergnügen. Und (Achtung Spoiler) auch nicht unbedingt aufwärts.

Es scheint mir rückblickend wie der erste, verzweifelte Versuch, der Krankheit die Macht über mich zu nehmen. Ich dachte, wenn ich dem Schmerz einfach keine Beachtung schenke, ihn ausblende, dann kann ich weiter machen wie bisher. Ich wollte nicht akzeptieren, dass mich äußere Einflüsse einschränken oder mir von ihnen vordiktieren lassen, wie ich mein Leben zu leben habe. Was ich kann – oder was eben nicht.

Der Grundgedanke ist richtig – nur die Ausführung war falsch: Ignoranz ist nicht lösungsorientiert. Im Gegenteil! Ignoranz wird schon im Duden als tadelnswerte Unwissenheit oder Kenntnislosigkeit in Bezug auf etwas definiert. Man kann Ignoranz also mit Ahnungslosigkeit und Unkenntnis gleichsetzen… Und das ist nun mal nicht unbedingt das beste Rüstzeug, wenn du mich fragst. Im Gegenteil. Diese Erkenntnis traf mich. Hart und vor allem schmerzhaft:

Du erinnerst dich, dass ich mich noch immer im Stadium der Verleugnung befand. In diesem realitätsfernen Zustand des Nichtwissens und Nichtwahrhabenwollens, in dem ich naturgemäß meine Grenzen körperlicher Belastung regelmäßig übertrat und mich dann wunderte, dass es mir immer schlechter ging. Ich redete mir ein, keine Kraft zu haben, um mich ehrlich und aufrichtig meiner Situation zu stellen und ignorierte (mal wieder dieses tolle Wort) sehr gekonnt die Tatsache, dass eben dieses Augenverschließen mindestens genauso viel Kraft kostet. Kurz gesagt: Die Folgen dieses – und ich muss es tatsächlich so sagen – dummen Verhaltens waren nicht abzuwenden…

An einem dieser Tage, an dem ich schon 120% meiner Energie verpulvert hatte, kam ich auf die grandiose Idee, noch ein großes, schwedisches Möbelhaus zu besuchen. Als ich nach Hause kam, regnete es und ich wollte meine neu erworbenen Schätze nicht auf den nassen Asphalt stellen. Also balancierte ich die viel zu schweren Teile auf meinem linken Unterarm, während ich mich nach oben streckte, um mit der anderen Hand den Kofferraumdeckel zu schließen. Lass dir gesagt sein: Keine gute Idee. Bei dieser Aktion klemmte ich mir den Nerv am Rippenbogen ein. Wenn du nicht weißt, wie sich das anfühlt: Schrecklich! Jeder Atemzug sticht, man wird kurzatmig und kann sich kaum bewegen, weil jede Anstrengung (und sei sie nur intramuskulär) richtig, richtig weh tut. Man verfällt automatisch in eine Art Schonhaltung und versucht, sich möglichst ruhig zu verhalten. Ich hatte mir diesen Nerv nicht zum ersten Mal eingeklemmt und dachte, Herr der Lage zu sein. Ich verbrachte die Nacht relativ wach und relativ unbequem und versuchte, mich am nächsten Morgen mit Hilfe einer Schmerztablette in die Gänge zu bekommen. Ich kam in die Gänge – allerdings in Richtung Badezimmer, weil mir die Tablette auf den nüchternen Magen schlug. Beim Übergeben verkrampfte ich Dank des nach wie vor eingeklemmten Nervs komplett und renkte mir den einen oder anderen Brustwirbel aus. Das Ergebnis: Ich war komplett bewegungsunfähig.

Diese eine unbedachte Handlung, dieser Moment, in dem ich entschied, nicht zwei Mal zu gehen, sondern alles auf einmal tragen zu wollen, löste einen regelrechten Rattenschwanz aus und führte zu verklebten Faszien, verzogenen Rippen, einem Lungenvolumen von unter 40%, einer Zwerchfellzerrung, versteifter Nackenmuskulatur und und und... Im Ergebnis konnte ich fast zwei Jahre (!!) nicht mehr liegen und verbrachte meine Nächte sitzend im Bett oder auf der Couch. Alternativ auch auf allen vieren, den Kopf auf einem Sessel abgelegt oder stehend unter fast kochend heißem Wasser in der Dusche. Ich residierte Stunden bei Lungenfachärzten, Kardiologen, Physiotherapeuten und zahlte Unsummen für osteopathische Behandlungen, Akupunktur, das Tapen von Rücken und Nacken. Nichts half. Mein gesamter Bewegungsapparat war lahmgelegt. Die rheumatische Erkrankung hatte ihre Chance ergriffen und offiziell das Ruder übernommen. Die Entzündungen fanden im empfindlichen Gewebe rund um meine Wirbelgelenke einen reichhaltigen Nährboden, während die resultierende Fehlhaltung und Fehlatmung ihr übriges taten.

An diesem Punkt musste ich mir eingestehen, dass ich...