Radikale Markenfokussierung - So bringen Sie Ihre Marke auf Erfolgskurs

Radikale Markenfokussierung - So bringen Sie Ihre Marke auf Erfolgskurs

von: Michael Brandtner

Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H., 2021

ISBN: 9783709411476 , 200 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 23,99 EUR

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Radikale Markenfokussierung - So bringen Sie Ihre Marke auf Erfolgskurs


 

19 Kapitel 1: Fokus auf die Kategorie, nicht auf die Marke


Immer mehr Unternehmen, egal ob Start-up oder Konzern, wird die Bedeutung einer starken Marke als Wertschöpfungsfaktor bewusst. Wer aber heute in diesem Umfeld eine starke Marke bauen möchte, sollte unbedingt zuerst Kategorie und dann erst Marke denken. Viele Unternehmen, die diesen Grundsatz nicht beachten, drehen sich endlos im Kreis und enden letztendlich nur als weitere Anbieter unter vielen.

20Warum sollten Sie Zeit, Energie und vor allem auch Geld in den Aufbau einer Marke investieren? Die Antwort darauf ist aus Unternehmens- und Markensicht klar: Es geht vor allem und zuerst um die Wertschöpfung für das Unternehmen. Starke Marken sind nicht nur in Bezug auf Marktanteile und Wachstum erfolgreicher als schwache Marken. Starke Marken können vor allem höhere Preise am Markt durchsetzen.

Aus dieser Perspektive betrachtet ist es klar, dass sich immer mehr Unternehmen und deren Beratungs- und Agenturpartner mit dem Thema Markenaufbau beschäftigen. Eine typische Aussage, die man in diesem Zusammenhang hört, lautet: „Wir brauchen eine neue starke Imagekampagne, um aus unseren Produkten und Dienstleistungen eine starke Marke zu machen.“ Werbung wird so immer noch als eine Art „Zauberstab“ gesehen, mit dem man Produkte und Dienstleistungen in starke Marken verwandeln kann. Man könnte auch von „Marketing by Harry Potter“ sprechen.

Von Dr. Best lernen

Doch so funktioniert das (leider) nicht. Wenn Sie eine starke Marke bauen möchten, sollten Sie vorrangig nicht Marke, sondern Kategorie denken. Dazu sollten wir uns die Geschichte von Dr. Best ansehen. Wenn man in den 1980er Jahren einen Blick auf den deutschen Zahnbürstenmarkt warf, fand man zwei dominante Marken, nämlich Blend-a-dent und Oral-b. Dahinter folgten weitere Marken wie Dr. Best.

Damals wurde Dr. Best – wenn überhaupt – von den Kunden nur als weitere Zahnbürste unter vielen wahrgenommen. Der Marktanteil lag 1988 bei mageren sechs Prozent. In diesem Jahr änderte man nicht nur den Werbeauftritt, sondern man lancierte eine neue Kategorie von Zahnbürste, nämlich die erste nachgebende Zahnbürste. Damit schuf man sich von der ersten Minute an mental eine eigene Kategorie und eine eigene Führungsposition in der Wahrnehmung der Kunden. „Nachgebend“ wurde zum zentralen Markenfokus.

Die Belohnung: Im Jahr 2000 überschritt Dr. Best die 40-Prozent-Marktanteilshürde bei Handzahnbürsten in Deutschland. Heute ist Dr. Best nicht nur die führende nachgebende Zahnbürste in unserer Wahrnehmung, sondern auch die meistverkaufte Handzahnbürste überhaupt. Gleichzeitig konnte man die Verkaufspreise steigern. Lag die Marke vor 1988 preislich im unteren Drittel, schaffte man danach den Sprung in das obere Preisdrittel.

21Von Apple lernen

Oder nehmen Sie Apple! Heute ist dieses Unternehmen für viele Entscheider ein absolutes Vorbild für exzellente Marken- und Unternehmensführung. Doch im Jahr 2000 sah die Zukunft von Apple alles andere als rosig aus. Vor 21 Jahren war Apple ein Nischencomputeranbieter, dem nicht wenige Experten eine eher vage Zukunft vorhersagten. Die logische Reaktion auf diese Situation hätte wahrscheinlich in den meisten Unternehmen so ausgesehen: Man hätte zeitgleich eine Produkt-, Werbe- und Preisoffensive gestartet, um den Turnaround zu schaffen.

Ganz anders Steve Jobs. Er schuf drei neue Kategorien und Marken, zuerst den iPod, den ersten MP3-Player mit Harddisc, dann das iPhone, das erste Nur-Touchscreen-Smartphone, und dann das iPad, das erste Nur-Touchscreen-Tablet. Diese drei neuen Kategorien waren nicht nur die Basis für drei starke Produktmarken, sondern machten Apple zur wertvollsten Marke der Welt.

Von Start-ups lernen

Gerade das Internet ist prädestiniert für das Denken in neuen Kategorien. Dazu sollten wir noch einmal einen Blick auf die wertvollsten „digital Natives“ in der globalen Markenwelt laut Interbrand werfen. Das sind nach ihrem Wert gereiht: Amazon, Google, Facebook, Instagram, YouTube, Tesla, Netflix, Ebay, Salesforce, PayPal, Spotify, LinkedIn, Uber und Zoom. Diese Marken haben alle eines gemeinsam: Sie sind nicht nur Marktführer in ihrer Kategorie. Sie werden auch weithin als Pionier und Original wahrgenommen.

Mehr noch: Es ist gar nicht selbstverständlich, dass einem – abgesehen vielleicht von Zoom, Netflix und Google – einfällt, wer der nächst größere Anbieter ist. Im Fall von Zoom ist die Antwort mit Sicherheit: „Microsoft Teams.“ Hier spielt Microsoft mit Teams vor allem die Integrationskarte als Teil von Microsoft 365. Im Falle von Netflix denken vielleicht manche an Amazon Prime, andere an Disney+ und wieder andere an Apple TV+. Bei Google wiederum kommt einem vielleicht Bing als Alternative in den Sinn. Aber auch hier ist die Position von Google so stark, dass manche sogar auf Bing „googeln“.

22Die alte Ära des Wettbewerbs

Damit betreten wir auch eine neue Ära des Wettbewerbs. Speziell durch das Internet und die vielen neuen Internetmarken kommt es immer öfter zu einer generellen Verschiebung des Wettbewerbs. War der Wettbewerb des 20. Jahrhunderts in der Regel von einem Wettbewerb   Produkt- oder Dienstleistungskategorie geprägt, haben wir heute immer öfter einen Wettbewerb Produkt- und Dienstleistungskategorien.

Ein Rückblick: Wenn man sich Marken- und Marketingbücher des 20. Jahrhunderts ansieht, ging es oft um große Markenduelle innerhalb einer Produkt- oder Dienstleistungskategorie. Klassische Beispiele dafür sind Coca-Cola versus Pepsi-Cola, McDonald’s versus Burger King, Visa versus Mastercard, Persil versus Ariel, Kodak versus Fuji, Milka versus Ritter Sport, McKinsey versus Boston Consulting Group oder Mercedes gegen BMW.

Die neue Ära des Wettbewerbs

Heute wird daraus immer öfter ein Wettbewerb zwischen den Kategorien. Dazu sollten wir einen Blick auf den amerikanischen Fastfood-Markt in den 1980er Jahren werfen. Damals war das große Duell, wie oben erwähnt, McDonald’s versus Burger King. Dahinter folgte dann als Nr. 3 Wendy’s, ebenfalls eine Burgerkette. Wer damals in den Fastfood-Markt einstieg, gründete fast unweigerlich ebenfalls einen Burgerladen, um sich ein Stück vom Kuchen, oder besser vom Burger, abzuschneiden.

Aus damaliger Sicht mag das vielleicht eine gute Idee gewesen sein, aus heutiger Sicht nicht. Denn wenn man sich heute den amerikanischen Fastfood-Markt ansieht, dominieren nicht mehr drei Burgerketten, sondern die drei Marktführer sind McDonald’s, Subway und Starbucks. Es kämpfen also drei Marktführer um die Gunst der Kunden, nämlich die Nr. 1 bei Hamburgern, die Nr. 1 bei Sandwiches und die Nr. 1 bei Kaffee. Das heißt: Statt in den 1980er Jahren in den Burgermarkt einzusteigen, wäre es besser gewesen, als Erster auf Sandwiches oder Premiumkaffee zu setzen.

Spannend wird auch, wie sich langfristig der Markt für vegane Burger entwickeln wird. Denn auf der einen Seite bieten immer mehr etablierte Burgerketten zusätzlich vegane Burger an, auf der anderen Seite entstehen im Sinne der Kategoriebildung auch neue, nur vegane Burgerketten wie etwa Swing Kitchen im deutschsprachigen Raum.

23Von Suchmaschinen zu Sozialen Netzwerken

Wären wir im 20. Jahrhundert, hätten wir wahrscheinlich das große Markenduell Google versus Bing. Wenn man sich aber heute diesen Markt ansieht, kämpfen drei grundverschiedene Suchmaschinen um die Gunst der Kunden. Geht es um die Wortsuche, ist Google die erste Adresse. Wenn es um die Videosuche geht, ist YouTube die erste Wahl. Wenn es um die Produktsuche geht, hat Amazon Google längst als Nr. 1 abgelöst. Auch hier kämpfen drei führende Marken aus drei verschiedenen Kategorien um die Vorherrschaft.

So liegt auch die Stärke des Unternehmens Facebook nicht in der Marke Facebook allein, sondern im Markensystem bestehend aus Facebook, WhatsApp und Instagram. Das Unternehmen besitzt damit drei führende Soziale Netzwerke, nämlich mit Facebook das größte Soziale Netzwerk, mit WhatsApp den führenden Instant-Messaging-Dienst und mit Instagram die führende Bilder-Plattform.

Was Menschen (nicht) interessiert

Damit kommen wir zu einem wichtigen psychologischen Aspekt. Menschen sind nicht vorrangig an Marken interessiert. Menschen sind vor allem an neuen spannenden Kategorien interessiert. Als Red Bull Mitte der 1990er Jahre so richtig durchstartete, gab es allein in Österreich über 175 Energydrink-Marken, die sich ein Stück vom Energydrink-Kuchen abschneiden wollten. Doch wie interessant ist die Botschaft: „Seht und hört, wir haben jetzt auch eine Energydrink-Marke für Euch auf den Markt gebracht?“

Interessant war der erste...